Kohlebagger, die ein sorbisches Dorf abreißen. Plattenbauten, die am Horizont emporwachsen. Dazwischen liegt die Spree. Dargestellt in naturnahen Blau-, Ocker- und Grüntönen auf 365 Kacheln, in geometrischen Formen, verbunden zu einem grafisch anspruchsvollen Gesamtbild, das mehr 80er kaum sein kann. Jahrelang lag, fast vergessen, das Wandbild „Stadtumbau“, 1985 entworfen vom Cottbusser Künstler Horst Ring, in mehreren Kisten verteilt im Cottbusser Stadtarchiv. Es war einst an der Fassade einer Cottbusser Schule angebracht, die 2011 abgerissen wurde. Geschichten drehen sich im Kreis. Nun haben der Fotograf Martin Maleschka und der Architekt Uwe Wittig die Kisten wieder geöffnet, fehlende Teile aufgespürt und das Wandbild wieder zusammengesetzt. Das ungewöhnlich kritische und formal äußerst zeitgemäße Wandbild soll nun restauriert und danach wieder installiert werden.
1985 begann im Raum Cottbus die Förderung von Braunkohle im Tagebau. Zahlreiche Dörfer wurden in kurzer Zeit abgebaggert, die Menschen in neue Plattenbausiedlungen umgesiedelt. Das Wandbild, das beispielsweise auf einer Kachel eine Uhr mit der Zeigerstellung 5 vor 12 zeigt, kann durchaus als eine Kritik an diesem Vorgehen gesehen werden und ist daher von besonderem Interesse und Wert. Es ist ein prägnantes Beispiel der spätsozialistischen Kunst im öffentlichen Raum, die sich von der propagandistischen Kunst der frühen Jahre der DDR emanzipiert hat und sich auf die damalige Gegenwart statt auf eine gewünschte Zukunft bezog. „Zweifel und Hinterfragen der sozialistischen Realität wuchsen, und das Wandbild thematisiert den Natur- und Landschaftsverbrauch sowie die Technikgläubigkeit und den Energiehunger der Produktion, die sich negativ entwickelten“, erklärt der Architekt Wittig im rbb. Heute, nur vierzig Jahre später, steigt die Lausitz aus der Kohle aus. Einige der damals gebauten Kraftwerke sind heute Denkmal. Und eine neue Variante von „Stadtumbau“ ist um 2000 auch über die Region gefahren. An diesem Wandbild lassen sich diese Geschichten ganz plastisch aufzeigen – ganz im Sinne der Kunst am Bau. (pk, 16.6.25)

Wandbild „Stadtumbau“, Horst Ring, 1985 (Bild: Martin Maleschka, 2019)