von Felix Beuter, Clara Grothkopp und Conrad Risch (Initiative Umbau)
Im Haus der Architektur Köln fand im letzten Monat eine unscheinbare Veranstaltung der Reihe „Jeden Dienstag 19 Uhr – eine Stunde Baukultur“ statt. Unter dem Titel „Entwicklung des TH Köln-Campus Deutz“ stellten das Bau- und Gebäudemanagement der TH Köln und der BLB (Bau- und Liegenschaftsbetriebe des Landes NRW) ihre Neubaupläne für den Campus vor. Dazu gehört auch der Abriss des IWZ (Ingenieurwissenschaftliches Zentrum) – und genau dazu haben Felix Beuter, Clara Grothkopp und Conrad Risch von der Initiative Umbau eine klare Meinung.

Köln, IWZ (Bild: Ben Kuhlmann)
Modernisierung ja, Abriss nein
Der Campus Deutz, der einzige Hochschulstandort Kölns auf der rechten Rheinseite, entstand in den späten 1970er Jahren mit der Hochschulbauwelle: In Modulen aus Stahlbetonfertigteilen, quasi im Baukasten-System, konnten nicht nur zügig Räume für 4.000 Studierende geschaffen werden. Das System erlaubte auch ein Weiterbauen der Strukturen. Nach etwa 50 Jahren sind die Studierendenzahlen tatsächlich so weit gewachsen, dass der Campus erweitert werden soll. Nur, dafür will man jetzt alles, was schon da ist, abreißen und an gleicher Stelle neue Gebäude errichten. Aber eben in anderer Form und natürlich mit aktuellen technischen Standards.
Unumstritten bedarf das prägnante blau-gelbe IWZ-Hochhaus, das sich wie ein Kreuzfahrtdampfer zwischen Bahngleisen und Schnellstraßen auf der rechten Rheinseite auftürmt, einer Modernisierung. Doch so, wie sich die Planungskultur wandelt, bewirken heute auch der menschengemachte Klimawandel und die weltweite Ressourcenknappheit ein Umdenken. In den Fachdiskursen und in der Lehre dreht sich alles um die Wiederverwendung von Materialien, bestenfalls von ganzen Gebäuden.

Köln, IWZ (Bild: Felix Beuter)
Geschmacksfragen
In einer Stadt wie Köln, deren Bauten meist aus der Nachkriegszeit stammen, könnte der Sanierungsbedarf aus Geschmacksfragen zu einer Abrisswelle führen. Der BLB (als Einrichtung des Landes) und die TH (als Institution der Lehre und Forschung) haben im Umgang mit derart großen Gebäuden eine Vorbild-Funktion. Die von der Stadt angestrebte Klimaneutralität bis 2035, der Ukraine-Krieg, die Inflation und andere Krisen hätten sie bei Energieversorgung und Verkehr zum Umdenken gezwungen. Um aber diesen neuen Anforderungen gerecht zu werden, müssten alle den Gebäudebestand als Ressource anerkennen und einen Komplett-Abriss ausschließen.
Zudem löst auch der neue städtebauliche Masterplan das Hauptargument der Umplanungen nicht: die schwierige Insellage des Campus Deutz.

Köln, IWZ (Bild: Florian Hoogen)
2 x 30 Jahre
Das IWZ – ein Hochhaus mit Hörsälen, Seminarräumen, Verwaltung und umliegenden Labortrakten – wurde 1977 in Betrieb genommen. 30 Jahre später wollte man neu bauen, 2011 wurde dafür der Abriss beschlossen. Der städtebauliche Wettbewerb, die Grundlage dieses Vorhabens, ist heute wiederum 10 Jahre alt. Teil dieses Plans sind die Bauabschnitte, nach denen das Hochhaus um 2035 abgerissen werden soll. Die Paradoxie liegt auf der Hand: Man will einen dann 30 Jahre alten Plan umzusetzen, nach dem das IWZ schon nach nur 30 Jahren als veraltet galt.
Nach kurzer Recherche wird klar, dass auch das vielfach ausschlaggebende Argument nicht greift: Gebäude der öffentlichen Hand seien zu teuer in der Sanierung. Ein vom BLB beauftragtes Gutachten schätze die Sanierungskosten 2011 auf 257 bis 315 Millionen Euro. Das entspricht etwa dem Betrag, der nun allein für den ersten Abschnitt des Neubauplans genehmigt ist. Der gesamte Campus-Neubau könnte auf das Dreifache hinauslaufen – und dabei sind noch nicht einmal die Kosten für Abriss und Entsorgung des Bauschutts eingerechnet. Diese Entwicklung von Entscheidungen und Kosten werden allerdings in der aufwendigen Öffentlichkeitsarbeit der TH Köln ausgelassen.
All dies belegt – ohne überhaupt die baukulturelle Bedeutung anzusprechen – den Wahnsinn dieser Planungen. Der BLB und die Gebäudewirtschaft der TH Köln halten an einem Vorhaben fest. Zudem mangelt es an Transparenz bei Beteiligung, Kosten und Umweltbelastung. Das Projekt ist weder die günstigere, noch schnellere, noch klimafreundlichere Variante – sie ist schlicht politisch gewollt. Um das ganze Vorhaben aber nochmal infrage zu stellen, sei es zu spät. Zu viel Geld und Planung stecke schon darin.

Köln, IWZ (Bild: Ben Kuhlmann)
Eine gute Nachricht
Die gute Nachricht: Für das IWZ, das Hauptgebäude des Campus Deutz, ist es noch nicht zu spät. Noch kann der Abriss verhindert werden. Denn halten die Entscheidungstragenden am Masterplan fest, dann vergeben sie die große Chance, ein besonders flexibles Gebäude weiterzuverwenden.
Deshalb fordert die „Initiative Umbau“ die Entscheidungstragenden dazu auf, umzudenken! Es braucht Mut und Kraft, diese Entscheidungen zu hinterfragen und umzukehren. Es ist an der Zeit, der Verantwortung gerecht zu werden. Denn nur dann kann etwas wirklich Gutes entstehen: ein Projekt, an dem viele gemeinsam lernen, an dem sich andere orientieren und auf das Hochschule, BLB und Kölner Stadtgesellschaft stolz sein können. (Oktober 2024)

Köln, IWZ (Bild: Ben Kuhlmann)