Als sichtbares Zeichen des Umzugs der Frankfurter Universität wurde im Februar 2014 der AfE-Turm (1972) gesprengt – ein Abriss, der unter Einheimischen, ehemaligen Studierenden und Fotofreund:innen gleichermaßen starke Emotionen hervorrief. Noch Jahre später verkaufte man vor Ort Stofftaschen, Anstecker und Siebdrucke des brutalistischen geisteswissenschaftlichen Unihochhauses. Denn die Jahre umfassende Verlegung der Frankfurter Universität aus Bockenheim ins Westend verändert die bauliche Struktur und das Zeichensystem ganzer Stadtteile. Daher begleitete das Künstler:innenduo Sabine Bitter und Helmut Weber diese Entwicklung gemeinsam mit dem Stadtsoziologen Klaus Ronneberger. Der Blick des Teams richtete sich ebenso auf die sozialen Verschiebungen wie deren fotografische Dokumentation. Ein Schwerpunkt lag auf den inzwischen legendären Bauten der ersten Nachkriegsjahrzehnten, errichtet nach Entwürfen von Ferdinand Kramer.
Seit 1994 widmen sich die in Vancouver und Wien lebenden Künstler:innen Sabine Bitter und Helmut Weber dem Wechselspiel von Stadt, Politik und Architektur, dem sie sich in fotografischen und sozial fundieren Recherchen intensiv nähern, bevor sie die Ergebnisse zu Installationen montieren. Ihre Frankfurter Studie ist nun im adocs-Verlag als Buch erschienen. Dabei legen sie den Schwerpunkt auf das große Versprechen der 1960er und 1970er Jahre, dass Bildung für alle auch einen Demokratisierungsschub bedeutet – und den Verlust dieser Ideale mit den Verschiebungen der letzten Jahrzehnte. Die Publikation zum Frankfurter Beispiel ist als Teil einer Serie des Künstler:innenduos zu Bauten der 1960er und 1970er Jahre geplant: Die Reihe “Bildungsmodelle/Educational Modernism” erscheint als Kooperation von Camera Austria mit dem adocs-Verlag Hamburg. (kb, 20.8.21)
Frankfurt am Main, Sprengung des Afe-Turms (Bild: Teta, CC BY SA 3.0, 2014)