Kaum ein Betonfaltwerk, kaum eine Betonschale der letzten Jahrzehnte in der Bundesrepublik, dem der gebürtige Ungar nicht eine seiner gekonnten Berechnungen zugrunde gelegt hat: Als Tragwerksingenieur war Stefan Polónyi (*1930) ein begehrter Partner für Architekt:innen, die für ihre gewagten Kompositionen das Letzte aus der Statik herausgeholt wissen wollten. Nicht umsonst wird Polónyi der Satz zugeschrieben: “Es ist nicht die Aufgabe des Ingenieurs, dem Architekten zu sagen, dass etwas nicht geht, sondern zu zeigen, wie es geht.” Allzu oft musste er dabei lange Diskussionen mit den deutschen Baubehörden auf sich nehmen, denen so manche Kuppelstärke anfangs dann doch zu avantgardistisch erschien. Und nicht selten beeinflussten die von ihm aufgezeigten Möglichkeiten am Ende auch den Architekten:innenentwurf.

Ab 1957 betrieb Polónyi (in wechselnden Partnerschaften) ein eigenes Büro in Köln. Doch parallel war er immer wieder auch wissenschaftlich tätig – u. a. mit einem Lehrstuhl in Berlin und Dortmund – und suchte unermüdlich den Brückenschlag zwischen den Berufsfeldern von Ingenieur:in und Architekt:in. Die TU Berlin, die TU Budapest und die Universität Kassel zeichneten ihn mit dem Ehrendoktorwürde aus. Sein Werk umfasste fast alle Bauaufgaben, am augenfälligsten bei öffentlichen Nutzungen: Ob der Kuppelbau der U-Bahnhaltestelle “Lübecker Straße” in Hamburg (1961, mit Grundmann + Sandtmann), die weit ausschwingende Kirche St. Suitbert in Essen (1963, mit J. Lehmbrock), das bildhafte Keramion in Frechen (1971, mit P. Neufert) oder die filigrane Bahnsteigüberdachung am Kölner Hauptbahnhof (1990, mit Busmann + Haberer). Auch Brücken wurden von ihm statisch berechnet, z. B. die Doppelbogenbrücke im Nordsternpark in Gelsenkirchen (1996/97, mit Feldmeier + Wrede). Der Ingenieurbaukünstler Stefan Polónyi verstarb, wie jetzt bekannt wurde, am 9. April 2021 im Alter von 90 Jahren in seiner Wahlheimat Köln. (kb, 13.4.21)

Modell des Kuppelbaus der Hamburger U-Bahn-Station „Lübecker Straße“ (1961) (Bild: U-Bahn-Bau in Hamburg, Hamburg 1961, S. 26, Archiv F. Grundmann)

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