Auf dem Gelände der ehemaligen Sietas-Werft in Hamburg-Neuenfelde wurden die letzten vier Kai-Kräne demontiert – obwohl sie seit der vergangenen Woche unter Denkmalschutz stehen. Auf Intervention der Bürgerschaftsabgeordneten Gudrun Schittek (Grüne) rückte die Polizei am Samstag an und untersagte nach Infos des NDR den weiteren Abbau vorerst. Erst vor wenigen Tagen hatten der Hamburger Denkmalverein und Lokalpolitiker auf den drohenden Verlust der Industrie-Symbole aufmerksam gemacht. Auch der 1990 aufgestellte “Jucho“-Portalkran auf dem Areal schien gefährdet. Das Hamburger Denkmalamt reagierte umgehend. Bei der Kranlandschaft handele es sich um ein “stadtbildprägendes Industriedenkmal”, nun gehe es darum, wie genau dieses erhalten werden kann. Das erscheint in seiner Gesamtheit ehrlicherweise kaum möglich: Die Kai-Kräne sind legal verkauft worden. Der Abwrackbetrieb „ReBoat“, der auf einem Teil des Werftgeländes jetzt Schiffsrecycling betreibt, hat sie mangels Bedarf ins Ausland abgegeben – verschrottet werden sie also nicht. Der große Portalkran solle nach Auskunft von ReBoat-Chef Walberg aber nicht demontiert werden. Er gehöre ohnehin der „Nord Leasing GmbH“.
Die 1635 (!) gegründete J.J. Sietas KG Schiffswerft GmbH u. Co zählte zu den ältesten Werften Deutschlands. Der Name der Gründer Sietasch wurde gegen Mitte des 18. Jahrhunderts zu “Sietas” verkürzt. 2011 meldete das Unternehmen wegen Überschuldung Insolvenz an, die größten Teilbereiche wurden durch die Open JSC Pella Group aus St. Petersburg übernommen. Die daraus entstandene Pella Sietas GmbH meldete 2021 Insolvenz an. Neben den Maschinen und Anlagen wurden auch die Docks und Krane der Werft verkauft. Von den ursprünglich 14 Krananlagen sind im Jahr 2024 nur mehr die nun im Abbau befindlichen vier Liebherr-Kaikräne aus den frühen 1960ern sowie der Jucho-Portalkran erhalten.Bislang waren sie eine Landmarke am südlichen Elbufer und ein weithin sichtbares Dokument der Industrialisierung des eigentlich ländlich geprägten Stadtteils Neuenfelde. Wie es nun mit dem Industriedenkmal-Ensemble weitergeht, ist offen. (db, 22.9.24)
Hamburg, Sietas-Werft 2013 (Bild: Dr. Karl-Heinz Hochhaus, CC BY 3.0)