Ein Appell für die Hochhauskapelle
Hamburg-Innenstadt, Kapelle im ehemaligen Haus der Kirche (I. und F. Spengelin, 1970) (Bild: K. Berkemann)
Es gibt kaum ein traurigeres Bild als einen leerstehenden Kirchenraum, noch dazu, wenn es ein guter ist. In Hamburg findet sich ein solcher – noch – im ehemaligen Haus der Kirche. Neben das Allianz-Haus (B. Hermkes, 1971) im glas- und metallglänzenden internationalen Stil hatte das Architektenpaar Ingeborg und Friedrich Spengelin 1970 als herbe Waschbetonschönheit das Verwaltungsgebäude der damals noch selbständigen Hamburger Landeskirche gesetzt. Im Erdgeschoss birgt der aufgegebene, danach vorübergehend als Flüchtlingsunterkunft genutzte Bau eine Kapelle. Die Wände in kargem Naturstein, die Decke in gestocktem Beton, zeigt der Andachtsraum nicht nur vorerst zurückgebliebene Stücke wie Altar, Taufe, Wandkreuz, Ambo und Türknauf, sondern auch viele durchdachte Details wie den Hand-Glockenzug oder den sich hinauf zum Mahnmal St. Nikolai grabenden zweiten Zugang.
Gleich dem ganzen Eckgrundstück geht es bald an den Kragen, denn der Kirchenkreis plant ein neues Verwaltungsgebäude und anstelle des Allianz-Hauses ist ein Büro-Ensemble (Caruso St. John) vorgesehen. Nicht weniger als ein “neues Quartier” soll sich zwischen Rathaus und Alt-Nikolai an der historischen Parzellierung orientieren – auf Kosten der Nachkriegsmoderne. In der aktuellen Ausgabe des Deutschen Architektenblatts nennt Frank Pieter Hesse, ehemaliger Leiter des Hamburger Denkmalschutzamts, die Kapelle ein “sakrales Kleinod” und spricht sich deutlich für deren Erhalt aus. (kb, 7.11.16)