In den 1920er Jahren schuf der Dichter und Satiriker Joachim Ringelnatz eine seiner schnoddrigsten Kunstfiguren: den Seemann Kuttel Daddeldu, quasi der wenig jugendfreie Großvater von Käpt’n Blaubär. Aus dessen Gedichten und Geschichten wurde rund 50 Jahre später eine wandfüllende Farbversion, als die Künstler Dieter Ganz, Rolf Lindemann und Hans Vent frei nach Ringelnatz ein monumentales Betonglasfenster schufen. Auf satten 180 Quadratmetern tummeln sich in Bunt nicht nur Seemänner, sondern auch eine unbekleidete Seemannsbraut und verschiedenste Seeungeheuern. Das rund 50 Meter lange Kunstwerk mit dem neutralen Titel „Mensch und Meer“ war bis 1991/92 Teil einer Berliner Filiale der HO-Gaststätte „Gastmahl des Meeres“. Zur dieser DDR-Gastrokette gehörten in ihren besten Zeiten mehr als 30 Standorte. An prominenter Stelle, an der Ecke Karl-Liebknecht-Straße/Spandauer Straße, warb ab 1974/75 die baugebundene Kunst – frei nach Kuttel Daddeldu – für Fischprodukte und gute Laune.

Als das Bauwerk mit dem Berliner Fischrestaurant nach der Wende von der Treuhand geschlossen wurde, sollten auch die Glasbilder weichen. Es war der Künstler Eberhard-Armin Henke, der das Kunstwerk auf private Initiative hin in Einzelteilen bergen und im Freien lagern konnte. Ähnlich sorgte Henke, seit 1973 Wahlberliner, in vielen weiteren Fällen für das Weiterleben ostmoderner Relikte. Nun ist es an der nächsten Generation, für das Weiterleben von Kuttel-Daddeldu in Aspik zu sorgen, denn an seinem jetzigen Lagerort sind die Module kaum vor Witterung, Verfall und Vandalismus geschützt. Helfen könnte ein neuer Aufbewahrungsrot – z. B. im Bauteildepot des Landesdenkmalamts in Berlin-Friedrichsfelde oder im Besucher:innendepo des DDR-Museums. Mittelfristig wäre es mehr als schade, das Werk nicht wieder öffentlich zugänglich machen zu können. Warum sollte sich nicht wieder ein Foyer oder ein öffentlicher Platz mit den Seemannsbilder schmücken? Nun sind Engagierte gefragt, die ihre Köpfe zusammenstecken, Ideen und nicht zuletzt Geld sammeln. Bei Interesse stellt moderneREGIONAL gerne den Kontakt her. (kb, 25.5.25)








alle Bilder: Eberhard-Armin Henke