Schulgängern der 1970er Jahre dürfte dieses Bild tief vertraut sein: Die riesige Parabolantenne scheint das bayerische Barockkirchlein schier zu erdrücken. Moderne gegen Tradition, Wissenschaft gegen Religion – so waren gern bediente Deutungsschemata für diese Fotografie von Sigrid Neubert aus dem Jahr 1970. Heute mag sich der einstige Blick zu einem nostalgischen gewandelt haben. Der Modernist wie der Brutalist freut sich an der inzwischen denkmalgeschützten “Erdfunkstelle” und fragt sich, ob sie noch steht (ja).
Sigrid Neubert (* 1927) gilt als eine der bekanntesten Architekturfotografinnen Deutschlands. Rund 30 Jahre arbeitete sie für bedeutende Architekturbüros und entwickelte dabei ihren kontrastreichen, die Strukturen der Bauten klar herausarbeitenden Stil. Hier sind z. B. das Olympiaparkhaus von Gerd Wiegand, das BMW-Ensemble von Karl Schwanzer oder die Hauptverwaltung der Hypo-Bank von Bea und Walter Betz zu nennen. Seit den 1970er Jahren schuf Neubert ebenso Naturbilder, denen sie sich ab 1990 ausschließlich widmete. Das Museum für Fotografie (Jebensstraße 2, 10623 Berlin) zeigt ihr Werk, eine Sonderausstellung der Kunstbibliothek – Staatliche Museen zu Berlin, vom 9. Februar bis zum 3. Juni 2018 unter dem Titel “Sigrid Neubert – Fotografien. Architektur und Natur”. Die Eröffnung wird am 8. Februar 2018 um 19 Uhr begangen. (kb, 8.1.18)