Es ist einer der schönen Tage, wenn eine seit 2021 offene Frage – mit der Hilfe der mR-Leser:innen – gelöst werden kann. In diesem Fall handelt es sich um das Ferienzentrum Kiedrich im Hahnwald. Der Frankfurter mR-Leser Paul-Martin Lied war bei einem seiner Rheingau-Streifzüge bei Kiedrich über eine brutalistische Lost-Places-Schönheit gestolpert und begann zu recherchieren: Die sich in den Hang staffelnde Anlage bildete das ehemalige Ferienzentrum der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (IG Bau Steine Erden) im Hahnwald. Die historischen Informationen über den das Ensemble blieben zunächst spärlich. 1962 wurde das Grundstück erworben, der Bau 1966 eingeweiht. Zum Ferienzentrum gehörte die künstlerisch eingefasste sog. Virchow-Quelle, der man Heilkräfte zuschreibt und die inzwischen von der Stadt Kiedrich zurückgekauft wurde. Das Areal wechselte seit den 1980er Jahren mehrfach den Besitzer. Zunächst kam darin die IT-Firma CSC Ploenzke AG unter, in den frühen 2000er Jahren fielen die Gebäude jedoch brach. Das Büro BGF-Architekten für den Immobilienentwickler Molitor (PG Molitor 31 Immobilien GmbH & Co. KG) entwickelte Pläne für eine Umgestaltung zum “Aparthotel mit Freizeitbereichen” und Restauranträumen – mit Anbauten im rückwärtigen Areal. Dies wäre verbunden mit starken Eingriffe, ggf. dem (Teil-)Abriss der 1960er-Jahre-Gestaltung. Inzwischen wurde die Anlage vollständig niedergelegt.
Vor diesem Hintergrund suchte der mR-Leser Lied 2021 mit einem Aufruf in moderneREGIONAL nach dem Architektennamen. Daraufhin meldete sich nun Dr. Michael Krüger bei uns. Er hatte gerade die Unterlagen zum Ferienzentrum in Wiesbaden im Archiv der Urlaubskasse einsehen können. Dort identifizierte er ein Team unter der Führung des Architekten Ludwig Schweizer, der in Freudenstadt im Schwarzwald 1956 ein Ferienheim errichtet hatte, das die Urlaubskasse 1957 erwarb. Dieses wurde ab 1959 von Kürgers Eltern geleitet, bevor sie mit der Einrichtung und Leitung des Kiedricher Heimes beauftragt wurden. Hier zählten zum Team um Prof. Ludwig Schweizer: Richard Heil BDA und Dipl.-Ing. Willy Orth, dieser wiederum war federführend zuständig für die Ausführung. Für diese Erkenntnisse geht der Dank von Dr. Krüger an Dr. Horn, der ihm im Februar 2024 die Einsicht ins Archiv gestattete. Und noch eine Erinnerung, ein Dank geht zurück bis 2021, als die mR-Leserin Jutta Curtius bereits die erste Hälfte des Rätsels löste: die Frage nach dem Landschaftsarchitekten: Herbert Heise aus Frankfurt, geb. 1926 in Düsseldorf, der u. a. unter 2006 unter dem Titel „Von Gärten Pflanzen und Landschaften“ zu seinem Werk und zum Ferienzentrum Kiedrich publiziert hat. (kb, 23./24.6.24)

Ferienzentrum Kiedrich, Modell (Bild: privat)



Kiedrich im Rheingau, (ehemaliges) Ferienzentrum der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (Bilder: Mitte unten und unten: historische Postkarten; Mitte oben: Paul-Martin Lied, 2020/21)