In Belgrad hat der Abriss des 1969 eröffneten „Hotel Jugoslavija“ begonnen. Der Luxusbau im Stadtteil Novi Beograd, errichtet nach Entwurf des Architekten Ladoslav Horvat (1901-1988) brachte einst internationales Flair in den blockfreien Staat Jugoslawien; die Planungsphase dauert dabei fast 20 Jahre. Schon bald nach Eröffnung erhielt es den Spitznamen „Belgrad Babylon“. Bis 2010 hing hier der größte Kronleuchter der Welt, 14 Tonnen schwer, bestückt mit 5000 Glühbirnen und behangen mit 40.000 Svarowski-Kristallen. Zu den Gasten zählten unter anderem Willy Brandt, Jimi Carter, Richard Nixon, Tina Turner, Queen Elizabeth II. und die Apollo-11-Astronaten Buzz Aldrin, Michael Collins und Neil Armstrong. Nach dem Zerfall Jugoslawiens erlebte der Bau in Serbien eine wechselhafte Geschichte. 1999 wurde er beim Nato-Bombardement beschädigt und nur teilweise wieder aufgebaut, während andere Gebäudeteile lediglich gesichert wurden. Ein Teil des Hotels gehörte dem mehrerer Kriegsverbrechen angeklagten Arkan und wurde als Kaserne für seine paramilitärischen Streitkräfte genutzt. 2006 wurde das Gebäude vollständig privatisiert, bis 2024 gab es mehrere gescheiterte Nutzungen, teils waren sie ohnehin Interimslösungen.
Die Abrisspläne zugunsten eines neuen Mega-Komplexes mit zwei Hochhäusern waren bereits länger bekannt und umstritten, es gab einige Protestaktionen vor dem Gebäude am Donauufer. „Dies ist unsere Stadt, nicht die der Serbischen Fortschrittspartei. Wir möchten betonen, dass wir es nicht zulassen werden, dass die Entwicklung der Stadt von Investoren diktiert wird, die der Partei nahestehen, sondern vom öffentlichen Interesse“, sagte Marko Vujacic, Mitglied der Grünen-Linken Front, in seiner Rede. Er warnte davor, dass die Errichtung solch hoher Gebäude – „Türme“ – von der vorhandenen Infrastruktur nicht bewältigt werden kann – Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten, Verkehr, eine große Anzahl neuer Bewohner sowie Angestellte, und gleichzeitig würden Grünflächen zerstört. Der Kunsthistoriker Marko Bogdanovic warnte davor, dass das Hotel „Jugoslawien“ nicht nur künstlerisch-architektonischen Wert habe, sondern auch eine besondere historische und nationale Bedeutung habe und dass es das letzte große Gebäude in Serbien sei, das den Namen des ehemaligen Staates trage. Wer mehr über den nun verschwindenden Prachtbau erfahren möchte, dem sei der Film „Hotel Jugoslavija“ von Nicolas Wagnières aus dem Jahr 2019 empfohlen, der sich dessen letztlich sehr traurigen Geschichte annimmt. (db, 21.11.24)
Belgrad, Hotel Jugoslavija 2021 (Bild: Fred Romero via Wikimedia Commons, CC BY 2.0)