Gibt es eine eigenständige moderne japanische Fotografie? Eine Antwort ermöglicht vielleicht die umfangreiche Sammlung von gut 900 modernen und zeitgenössischen japanischen Fotografien, die das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe in den 1980er Jahren aufbauen konnte. Anhand rund 30 ausgewählter Positionen freier künstlerischer Fotografie geht die dortige aktuelle Ausstellung “Japanische Tagträume” noch bis zum 10. Juli diesen Fragen nach. Der rapide gesellschaftliche Wandel in Japan im frühen 20. Jahrhundert und die Spannungen zwischen Innovation und Tradition spiegeln sich in den Arbeiten verschiedener Fotografen.
In seinen abstrakten Dunkelkammerexperimenten thematisierte Kanbei Hanaya in den 1930er Jahren Licht und Bewegung als Phänomene der Moderne. Taikichi Irie porträtierte seit den späten 1930er Jahren die Puppen des Bunraku-Theaters in Osaka. Shoji Ueda inszenierte seine Modelle in den Sanddünen von Tottori wie Pantomimen auf einer Bühne. In den 1960er Jahren etabliert sich unter den japanischen Fotografen ein stark subjektiver Stil. Miyako Ishiuchi betrachtet in ihrer Serie “Yokosuka Story” die Stadt ihrer Kindheit. Foumio Takashima arbeitet mit Tänzern zusammen. Masamichi Harada und Toshio Shibata zeigen in ihren Stillleben beschlagene Fensterscheiben oder Strukturen aus Sand. Eine Erweiterung um medienreflexive Ansätze findet sich beim Fotokünstler Satoshi Saito. (kb, 24.5.16)