Direkt neben dem Potsdamer Platz – hektisches Aushängeschild des wiedervereinten Berlin – befindet sich in einer Nebenstraße einer der letzten baulichen Zeugen der Zeit, als die Mauer die Stadt trennte und die Gegend Brachland war. Heute wirkt er ein wenig verloren in der kleinen Erna-Berger-Straße: der ehemalige Rundblickbeobachtungsturm Typ „B6“, der ab 1966 den Todesstreifen bewachte. Wer flüchten wollte, auf den wurde scharf geschossen. Jörg Moser-Metius pachtete vor acht Jahren das Relikt, das seitdem täglich interessierten Besucher verzeichnen kann. Mittlerweile ist er sogar auf Platz 50 der beliebtesten Attraktionen Berlins – kaum verwunderlich, denn die besondere Geschichte der Teilung zieht nach wie vor unzählige Touristen in ihren Bann.
Der Bund plant nun auf dem Grundstück neben dem Turm einen neuen Verwaltungsbau, was das vorläufige Ende für den „B6“ bedeuten könnte – trotz Denkmalschutz. Er ist der letzte seiner Art. Bereits Anfang des nächsten Jahres soll der Turm weichen. Geplant ist unter anderem der Ab- und Wiederaufbau des Turms, nach beendeter Bautätigkeit. Moser-Metius bezweifelt die Machbarkeit dieses Vorschlages. Es lässt sich wünschen, dass die Stadt mit dem sichtbaren Erbe der Mauer respektvoller umgeht. Auch die East Side Gallery an der Spree wird seit Jahren gekröpft. (jm, 3.10.19)

Berlin, Wachturm an der Erna-Berger-Straße (Bild: Sir James, CC BY SA 3.0, 2004)