Vielleicht ist es ein Zeichen wachsender Political Correctness, vielleicht aufsteigender Ängstlichkeit: In den vergangenen Monaten werden vermehrt lange gezeigte und zumindest geduldete Kunstwerke neu diskutiert, teils in Frage gestellt, teils ganz entfernt. Die Spanne reicht von der unbekleideten Schönheit bis zum nationalsozialistischen Emblem. In Essen soll nun die Kapelle im Krankenhaus der Evangelischen Huyssens-Stiftung vollständig umgestaltet werden. Erbaut 1937 von den Architekten Carl Conradi und Paul Dietsch, zeigt der Gottesdienstraum (noch) typische Merkmale seiner Zeit: eine neoklassizistische Wandgliederung und viel Holz.
Höhere Wellen schlägt die Debatte um die figurative bzw. zeichenhafte Ausstattung der Kapelle: Das Altarbild mit dem blondgelockten Jesus wurde bereits entfernt. Die Glasgstaltung von Carl Bringmann zeigt eine ähnlich herbe Formensprache der 1930er Jahre. Und die Balkendecke trägt christliche Symbolzeichen in ornamentalen, hakenkreuzartigen Verschlingungen. Der gesamte Kapellenraum soll in ein neues, ganz weiß-neutrales Gewand gehüllt werden. Dem stellt sich der “Arbeitskreis Essen 2030” entgegen. Die erhaltene Gestaltung der Bauzeit sei auch “ein Beleg für die ideologische Durchdringung der evangelischen Kirche in den 1930er Jahren”. Da helfe kein Anstrich, nur Aufklärung. (kb, 4.12.18)