Es wurde geknetet, geschnitten, gesägt und geklebt: Nach dem Zweiten Weltkrieg planten Architekten viel und gerne am Modell. Gerade die damalige Reduktion auf klare stereometrische Baukörper, auf “Klötze”, war höchst geeignet für diese Arbeitsform. Die dreidimensionalen Aufbauten dienten der Entwicklung und Überprüfung einer Idee. Damit schlossen die Modelle die Lücke zwischen der klassischen Zeichnung und dem heutigen computergestützten Verfahren. Der Architektur- und Kunsthistoriker Ralf Liptau hat sich mit seiner Promotion eben jener Entwurfspraxis verschrieben.
Seine aktuell im Bielefelder transcript Verlag erschienene Publikation “Architektur bilden” versteht sich als Brückenschlag zwischen einer Architekturgeschichtsschreibung der Moderne und aktuellen Entwurfs- bzw. Wissenstheorien. Hierfür analysiert Liptau u. a. bislang unveröffentlichte Archivalien von Egon Eiermann, Frei Otto und Paul Schneider-Esleben. Es geht ihm nicht um Präsentationsmodelle, sondern um die Medien und Spuren des kreativen Arbeiten: Am Modell wurde bewusstes und unbewusstes Wissen sichtbar gemacht, geschärft und weiterentwickelt. Demnach ist das Modell der Nachkriegsmoderne weder “Spielzeug”, noch “hübsches” Medium, sondern selbst wichtiger Teil des architektonischen Entwurfsprozesses. (kb, 12.1.19)
Modellvarianten zum Thema “Standardgrundrisse” aus der Bauabteilung der “Neuen Heimat”, 1970 (Bildquelle: Hamburgisches Architekturarchiv, Neue Heimat FA 027, S. 9, Detail)