Wer bauen will, muss zuerst zum Bleistift greifen. Genauer gesagt, er musste, denn inzwischen haben Computer und Co. die Architekturzeichnung in weiten Teilen abgelöst. Ein guter Zeitpunkt, um auf die Eigenheiten dieser jahrhundertealten Technik zu schauen. Neben zweidimensionale Darstellungen – Grundriss, Aufriss und Schnitt – tritt häufig das perspektivische Zeichnen. Hier gewinnt die Idee des Architekten seine plastische Form. Da werden große Vorstellungen verkleinert zu Papier gebracht, um sie den Bauherren und Handwerkern besser vermitteln zu können. Und mit jeder Übertragung nimmt die Technik auch Einfluss auf die spätere Bauform.
In seinem neuen Buch wagt Klaus Jan Philipp – Leiter des Instituts für Architekturgeschichte, Architektur, Stadtplanung an der Universität Stuttgart – nicht weniger als eine Entwicklungsgeschichte der Architekturzeichnung, vom Mittelalter bis heute. In der reich bebilderten Publikation stehen technische Umsetzungen neben Bildern von hoher malerischer Qualität. Und hier entfalten gerade die Architekturzeichnungen des 20. Jahrhunderts, an der Schwelle zur Technisierung und Digitalisierung dieses Mediums, ihre hohe Kraft: als Plädoyer für die Chancen einer alten Tradition für das Bauschaffen des 21. Jahrhunderts. (kb, 25.9.20)
Titelmotiv: Buchmotiv aus: Klaus Jan Philipp, Architektur gezeichnet (Bild: via Birkhäuser-Verlag)