Moderne Kirchenbauten haben eine unsichere Zukunft, soweit ist die Sache bekannt. Doch nun schaut eine Studie hinter die Kulissen und fragt nach den Gründen ebenso wie nach den Lösungsstrategien. In seiner kunsthistorischen Dissertation kommt Martin Bredenbeck zu dem Schluss: Der Nachwuchsmangel und die wirtschaftliche Neuorganisation der Kirchen gefährden gerade moderne Sakralbauten. Anhand des Rheinlands untersucht er exemplarisch, welche künstlerischen Verluste damit einhergehen. Und er hat sich zum Ziel gesetzt, gute Möglichkeiten zur Bewahrung des wertvollen Bestands aufzuzeigen.
Auch und gerade im Rheinland sehen sich die beiden großen christlichen Kirchen dazu gezwungen, ihre Gemeinden zu fusionieren, ihre – zumeist modernen – Kirchen stillzulegen, umzubauen, zu verkaufen und abzureißen. Die aktuell im Schnell und Steiner veröffentlichte Studie dokumentiert diese Entwicklung im Rheinland und würdigt die positiven Ansätze: Schwerpunktkirchen, Kulturkirchen, Kolumbarien, die Nutzung durch neue Gemeinden oder ein respektvoller Leerstand. Daher schließt Bredenbeck hoffnungsvoll: “Die Zukunft von Sakralbauten in Deutschland sieht gut aus, wenn sie jetzt offen und verantwortlich gestaltet wird.” (kb, 6.10.15)
Und wer sich noch weiter ins Nutzungsthema vertiefen will, dem gibt jetzt der Lit-Verlag pünktlich zur Buchmesse eine Gelegenheit mit dem neuen Sammelband von Joachim Gallhoff und Manfred vom Arbeitskreis “Kirchen öffnen und erhalten”. Bei der erweiterten Nutzung von Kirchen haben sich, so der Schluss der Herausgeber, zwei unterschiedliche Richtungen herausgebildet: Modelle mit kirchlichen und weltlichen Partnern. Binnenkirchliche Nutzungserweiterungen haben sich inzwischen etabliert. Doch neuerdings richtet sich der Blick zunehmend auf Nutzungserweiterungen mit kommunalen, zivilgesellschaftlichen und kommerziellen Partnern.
Die vier in diesem Arbeitsheft vorgestellten Projekte spiegeln beide Richtungen. Die Christuskirche in Gelsenkirchen-Bismarck zeigt exemplarisch den Prozess einer binnengemeindlichen Nutzungserweiterung, durch die gleichsam ein Gemeindehaus in das Kirchengebäude integriert wurde. An der Kirche St. Pauli in Soest lässt sich ablesen, wie ein gesellschaftlicher Trend, die Urnenbestattung, zur Integration eines Kolumbariums in eine Gemeindekirche führte. Die Kreuzeskirche in Essen, inzwischen in privater Trägerschaft, wird weiterhin als Gemeindekirche, als Kulturkirche und zusätzlich kommerziell als Raum für Events genutzt. Und die Friedenskirche in Bochum-Stahlhausen wurde zu einer interkulturellen Stadtteilbegegnungsstätte, in der die Gemeinde zusammen mit einer Migrantenorganisation den christlich-islamischen Dialog in praktische Arbeit umsetzt.
“Sakralbauten im Rheinland” (Bild: Schnell und Steiner)