Berlin hat ja, folgt man so einigen Freund:innen der zunehmend (Un)Kritischen Rekonstruktion, angeblich keine Altstadt. Zusätzlich zu den Stadt- und Ortskernen am und außerhalb des S-Bahnrings hat Berlin-Mitte eine Altstadt, die einen Stadtgrundriss aus dem 17. Jahrhundert aufweist: die Spandauer Vorstadt zwischen Alexanderplatz, Hackeschem Markt und Rosenthaler Platz, während der Teilung der Stadt in Ost-Berlin gelegen. Genauso zu kurz gegriffen ist natürlich auch die, gern unter den gleichen Akteur:innen verbreitete Meinung, dass mit den Mitteln des Plattenbaus keine behutsame Stadterneuerung umzusetzen sei. Berlins jüngste Denkmale beweisen beiden Meinungen das Gegenteil. Als in den 1980er Jahren die behutsame Stadterneuerung international Begeisterung fand und die beiden Teile Berlins sich auf die 750-Jahr-Feier der Stadt vorbereiteten, entstand in der Spandauer Vorstadt eine Vielzahl sogenannter „Altstadtplatten“, mit denen die durch Krieg und Vernachlässigung entstandenen Baulücken in dem dichten Innenstadtgebiet geschlossen wurden. Das Landesdenkmalamt Berlin hat diese Wohn- und Geschäftshäuser nun unter Schutz gestellt und erkennt damit die spezifischen Leistungen der Ost-Berliner Architekt:innen im Bereich der behutsamen Stadterneuerung an.

Während die IBA Neu bei der Wiedererrichtung des Stadtviertels in der West-Berliner Friedrichstadt Suburbanität auf historischem Stadtgrundriss in den Fokus stellte – bereits denkmalgeschützt –, schloss die Baulückenschließung in der Spandauer Vorstadt an die historische urbane Mischung im Berliner Zentrum an. Auf Grundlage einer Planung des damaligen Ostberliner Büros für Städtebau wurden zwischen 1984 und 1989 neue Wohn- und Geschäftshäuser in Plattenbauweise errichtet, die sich in ihrer Kubatur, mit Mezzaningeschoss, einem eigens für den Standort entwickelten zurückhaltenden Dekor und funktional in die Umgebung einfügen. Durch die Läden und sozialen Einrichtungen in den Erdgeschossen stellen die Gebäude bis heute einen bedeutenden Beitrag im Kiez dar und bereichern das historische Flair der Straße durch die Zeitschicht der „postmodernen“ Platte. Ausgeführt wurden die Neubauten durch Planungskollektive, Baukombinate und mit Baumaterialen aus verschiedenen Bezirken der DDR, die zum Auf- und Ausbau Ost-Berlins verpflichtet waren. Auch wenn dies oftmals in den Bezirken auf wenig Begeisterung stieß entstand aber durch ihr Engagement in der Spandauer Vorstadt eine für die gesamte DDR einmalige Vielfalt an Neubauten. Die jungen Denkmale gehören nach wie vor der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM), die sie bereits mehrfach selbst behutsam saniert hat. (pk, 20.10.24)

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