Wir bauen uns die Welt, wie sie uns gefällt: wie früher, nur schöner. Gerade in weitgehend historischen Innenstädten sind die nachkriegsmodernen Wiederaufbauten im Visier der Rekonstruktivisten. Schon länger zählt auch das neue Pellerhaus in Nürnberg (1957) zu den Kandidaten. Die Altstadtfreunde Nürnberg, verantwortlich für den jüngst fertiggestellten Wiederaufbau des Innenhofs, möchten auch die Straßenansicht Pellerhauses von 1602 wiederherstellen. Interessant: Die Nürnberger Kulturreferentin Julia Lehner (CSU) tritt Teilen ihrer eigenen Parteifreunde entgegen. Gegenüber nordbayern.de betonte sie, man müsse die Auseinandersetzung mit dem Erbe unabhängig vom Geschmacklichen führen. Einen Abriss des denkmalgeschützten neuen Pellerhauses sieht Lehner, auch Mitglied des bayerischen Landesdenkmalrats, als Rechtsbruch.
Das Areals des 1945 nahezu völlig zerstörten Pellerhauses (mit anschließendem Imhoffhaus) wurde seinerzeit – nach Beschluss der Stadt Nürnburg, nach Plänen der ortsansässigen Architekten Fritz und Walter Meyer – neu bebaut, einige Renaissance-Reste wurden einbezogen. Nach mehreren Änderungen wurde mit der Neubau 1956 begonnen, 1957 als Stadtbibliothek und -archiv eingeweiht. Seit 1998 steht der Gebäudekomplex als Einzeldenkmal unter Schutz. Schon die Innenhof-Rekonstruktion (2008-18) wurde vom Bund Deutscher Architekten kritisiert. Die nun wieder aufkommende Diskussion um den 1950er-Jahre-Bau sieht man dort erst recht nicht gerne – während etwa im Forum “Stadtbild Deutschland” Begeisterung und Aufbruchsstimmung vorherrschen … (db, 27.1.19)
Nürnberg, Pellerhaus, 2004 (Bild: keichwa, GFDL oder CC BY SA 3.0)