Paul Bonatz (1877-1956) war mehr als der Architekt des stil- und schlagzeilenträchtigen Stuttgarter Hauptbahnhofs (1911–27). Fast vier Jahrzehnte lehrte er an der dortigen TH, wo er mit gleichgesinnten Kollegen die handwerklich orientierte “Stuttgarter Schule” zu einer “der” Ausbildungsstätten ausbaute. Seine eigenen Bauten bewegten sich zwischen einer gemäßigten Moderne und einem Hauch von Klassizismus. Obwohl Bonatz als liberaler Kosmopolit und kritischer Geist galt, wirkte er zugleich an den Repräsentationsaufgaben des Nationalsozialismus mit. Vor dieser Widersprüchlichkeit “floh” er in der letzten Phase des “Dritten Reiches” in die Türkei, wo er wiederum als Architekturlehrer großen Einfluss entfaltete.
Dem Großkönner mit der wechselvollen Biographie widmete u. a. das Deutsche Architekturmuseum Frankfurt 2011 eine vielbeachtete Werkschau. Obwohl Bonatz auch anderswo Bedeutendes baute, lag sein Schwerpunkt doch im Südwesten Deutschlands. Eine neue Publikation im Wasmuth-Verlag wählt daraus nun – mit Fotografien von Rose Hajdu und Texten der Architekturhistoriker Marc Hirschfell und Wolfgang Voigt – ca. 30 Bauten aus: von Wohnhäusern über Schulen, Bibliotheken und Rathäusern bis zu Industrieanlagen und Technikbauten. Und natürlich darf auch der baustellengeplagte Stuttgarter Hauptbahnhof nicht fehlen. (kb, 1.3.15)