Sie ist symbolisch aufgeladen wie wenige Gebäude in der Republik: die Frankfurter Paulskirche. Als Tagungsort des ersten deutschen Parlaments steht sie für die demokratischen Traditionen des Landes, Rudolf Schwarz‘ Wiederaufbau von 1948 versinnbildlicht Kriegszerstörung und das Selbstverständnis der jungen Bundesrepublik gleichermaßen. Derzeit präsentiert sich der Bau sanierungsbedürftig, die letzten Monate tobte eine heftige Debatte um die Form der Restaurierung: Anknüpfen an Schwarz oder an die ursprüngliche Form des 19. Jahrhunderts? Nun einigte sich die Römer-Koalition aus SPD, CDU und Grünen darauf, das Erscheinungsbild der Nachkriegsmoderne beizubehalten.
Der ursprüngliche Bau von Johann Friedrich Christian Hess unterschied sich in vielen Details davon. So krönte die klassizistische Paulskirche ein steiles Mansarddach, der Innenraum wurde durch eine Empore untergliedert. 1944 wurde das Bauwerk bei einem Luftangriff schwer getroffen. Rudolf Schwarz entschied sich nach dem Krieg für einen nüchternen Wiederaufbau. Die Kirche erhielt ein flaches Dach, begrüßte ihre Besucher mit einem kargen Kellergeschoss und verzichtete im Saal weitgehend auf Dekor. Da sich Frankfurt zu dieser Zeit noch Hoffnungen machte, Hauptstadt zu werden, war der Entwurf auf die Bedürfnisse eines Parlamentsgebäudes zugeschnitten. Die Entscheidung der Koalition sichert ein Stück Nachkriegsmoderne, dessen Bedeutung weit über Frankfurt hinaus reicht. (jr, 12.6.18)