Zugegeben, dieses Gebäude passt mit Baujahr 1905 nicht direkt in unser Portfolio. Der letzte Eigentümer hingegen umso mehr: Wir sprechen vom ehemaligen Büro und Wohnhaus des Architekten Werner Ruhnau, der – als bewusster Grenzgänger zwischen Bau- und Bildener Kunst – unter anderem das Stadttheater Münster (1955) und das Musiktheater im Revier (1959) mitplante. Seit Anfang der 1980er war Ruhnau Mieter der Stadt Essen-Kettwig, 1995 erwarb er schließlich den Bau mit der wechselvollen Geschichte: Unter der Adresse Bögelsknappen 1 residierten im Lauf der Jahrzehnte unter anderem eine Gaststätte, eine Arztpraxis, ein Kinderkrankenhaus, eine Schwesternschule und eine Musikschule.
Werner Ruhnau ist 2015 verstorben, als Erinnerung an die gemeinsam mit Yves Klein geschaffene blaue Farbkomponente im Gelsenkirchener Musiktheater steht derzeit noch eine Stele im “Gelsenkirchener Blau” vorm Haus. Noch – denn die Ruhnau-Erben haben die Immobilie nun an einen Investor verkauft. Warum auch immer steht das Gründerzeitensemble nicht unter Denkmalschutz, auch eine erneute Überprüfung brachte kein positives Ergebnis. Somit droht der Abrissbagger: Der neue Besitzer hat auch das Nachbargrundstück erworben und plant drei neue Wohnhäuser. Essen ist nicht gerade als Perle der deutschen Architekturlandschaft bekannt. Umso erstaunlicher ist die Abrissfreudigkeit, mit der man dort den wenigen bemerkenswerten Zeugen des frühen 20. Jahrhunderts begegnet … (db, 6.2.19)
Essen-Kettwig, Wohnhaus Werner Ruhnau (Bild: Heinz Albers)