Unbeteiligt gibt es in der Fotografie nicht, glaubt man der Denkerin und Schreiberin Susan Sontag (1933-2004). Sie musste es wissen, denn für das Marketing ihrer Bücher ließ sie sich von renommierten Fotograf:innen in Szene setzen. In ihren Essays wiederum kritisierte sie die voyeuristische Seite der Bilder. Ob sehen oder gesehen werden, auf beiden Seiten der Kamera vermutete sie eine aktive Rolle. Der Blick der studierten Literaturwissenschaftlerin, Philosophin und Theologin ging über die reine Fotografie hinaus, wenn sie sich mit Kunstformen wie dem Kinofilm oder dem Happening auseinandersetze. In ihrer Schrift „Against Interpretation“ (Kunst und Antikunst, 1966) etwa leugnete sie den Unterschied zwischen klassisch-ernsthaften und modern-populären Ausdrucksformen. Für vier – in ihrer Art eher experimentelle – Filme wechselte sie selbst auch hinter die Kamera.
Die Ausstellung „Susan Sontag. Sehen und gesehen werden“ in der Bundeskunsthalle Bonn widmet sich noch bis zum 28. September 2025 Susan Sontags Verhältnis zu den visuellen Medien. Das Spektrum reicht von ihrer Selbst- und Fremdinszenierung in Porträts über ihre filmkritische und eigene filmische Arbeit bis zu ihren theoretischeren Schriften. Allen voran „On Photography“ (Über Fotografie, 1977), worin sie die Funktionen der Bilder zusammenfasst. Fotografien halten Erinnerungen fest und formen sie, erzeugen Nähe und Distanz, machen sichtbar und verbergen, erschaffen Schönheit und nutzen das Abstoßende. In diesem Spannungsfeld bewegte sich Sonntag bis zu ihrem Tod – ihre letzten Monaten, die vom Krebs gezeichnet waren, wurden von ihrer Partnerin, der Fotografin Annie Leibovitz dokumentiert. (kb, 23.6.25)

Susan Sontag, Against Interpretation, 1966 (Bild: Buchcover, PD)