Kleine Bücher haben große Vorzüge: Sie lassen Platz im Regal und Raum für eigene Entdeckungen. Genau so versteht sich der neue dkv-Architekturführer “Wohnen in der Nachkriegsmoderne”, der Interessierten den Weg zu Siedlungen in Rhein-Main ebnen will. Denn hier gibt es, so die Autoren des Bändchens, neben viel Geschichte auch bleibende Werte zu bewahren. “Aufzuzeigen, dass diese Substanz einen ebenso sorgfältigen und qualifizierten Umgang erfordert, wie er älteren Quartieren heute selbstverständlich zuteilwird”, fasst die Mitherausgeberin Maren Harnack das Ziel der Publikation zusammen. Und schon im Blättern auf dem heimischen Sofa bekommt man Lust, den Siedlungsführer in die Westen- oder Handtasche zu stecken und sich vor Ort ein eigenes Bild zu verschaffen.

Das Autorenteam – Ruth Schlögl, Michael Peterek, Maren Harnack, Hans-Jürgen Schmitz, Matthias Brunner, Natalie Heger und Mareike Borkeloh – porträtieren zehn Siedlungen, die jeweils unter ein eigenes Motto gestellt werden: der Hirschsprung in Dreieich-Sprendlingen (“Demonstrativ gemischt”), die Frankfurter Nordweststadt (“Raumgewebe”), die Limesstadt in Schwalbach im Taunus (“Mehr als eine Siedlung”), den Wiesbadener Schelmengraben (“Über der Stadt”), das Gartenfeld in Bad Homburg (“Unterm Radar”), Kranichstein in Darmstadt (“Zwerge und Riesen”), der Rote Hang in Kronberg (“Dichte Privatheit”), der Sonnenring in Frankfurt (“Côte d’Azur in Frankfurt”), der Wohnkomplex in Rodgau-Nieder-Roden (“Cross Over”) und der Ben-Gurion-Ring in Frankfurt (“System und Variation”).

Dabei erliegen die Einzelporträts nicht der Versuchung, all die Literatur aufzuschichten, die durchaus zu den einzelnen Siedlungen bereits erschienen ist. Sie spiegeln vielmehr das lebendige direkte Gespräch mit den Bewohnern, Planern und Erbauern jener Anlagen. Gerahmt werden diese Kurztexte um eine knackige Einleitung und abschließend ein Interview mit dem Forschungslabor Baukultur und Siedlungsbau der Nachkriegsmoderne sowie weiteren Akteuren des Wohnungsbaus in Rhein-Main. Ein großes Plus des Architekturführers bilden die Fotografien von Ben Kuhlmann und Malte Sänger, die – mal halb-, mal ganzseitig – eben die hellen freundlichen Seiten dieses allzu oft trist und grau abgelichteten Wohntyps inszenieren. Entstanden ist ein sympathisches Arbeits- und Wanderbuch, das jeder Modernist für sich flanierend mit Freuden fortsetzen kann. (kb, 2.9.20)

Harnack, Maren/Brunner, Matthias/Heger, Natalie (Hg.), Wohnen in der Nachkriegsmoderne. Siedlungen in der Region Rhein-Main. Mit Fotografien von Ben Kuhlmann und Malte Sänger, Deutscher Kunstverlag, Berlin/München 2020, Taschenbuch, 104 Seiten, ISBN 978-3-422-98146-1.

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