„Stuttgart reißt sich ab“ lautete 2016 die ungewöhnlich erfolgreiche Ausstellung in der Stuttgarter Architekturgalerie am Weißenhof mit Fotos von Wolfram Janzer und Wilfried Dechau, kuratiert von der 2023 verstorbenen Claudia Betke. Gezeigt wurden teils bedeutende, denkmalgeschützte, teils alltägliche Bauten kurz vor dem Abriss und während der Abrissarbeiten. Es wurde bedauert, dass man nur die Gebäude und ihren Abriss zeigen konnte, nicht aber, was an deren Stelle gebaut werden sollte bzw. inzwischen gebaut worden ist. Daher wurde seinerzeit schon überlegt, der Ausstellung einen Teil zwei folgen zu lassen.
Jetzt ist es soweit: Wilfried Dechau hat alle Abriss-Orte der damaligen Ausstellung erneut fotografiert. Die Vorher-Nachher-Fotos werden wiederum am Weißenhof bis 5. Oktober gezeigt: „Abriss 2.0 | Ein Aufruf zur Umkehr“ heißt die Nachfolgeschau, kuratiert von Wilfried Dechau und Wolfgang Schwarz. Die kommentarlosen Gegenüberstellungen provozieren Fragen: Waren die Totalabrisse zwingend? Überzeugt das Neue? Nahezu alles hätte auch kulturbewusster, ressourcenschonender und mit sorgfältiger Bauteil-Analyse zu besseren Ergebnissen führen können. Zum Glück zeigen die Beispiele in der Ausstellung, dass man klüger wird und genau diese Fragen vor jedem Abriss beantwortet werden müssen. Und zugegeben – auch das ist Teil dieser (Bau-)Geschichte: Einige der Neubauten sind ästhetisch zumindest kein Verlust. (db, 6.7.25)
Stuttgart, Abriss Haussmannstraße 6, 2016 (Bild: Wilfried Dechau)
