In seiner zweiten Ausstellung nach dem Einzug in das neu gestaltete Blockhaus (Neustädter Wache) widmet das Dresdener Archiv der Avantgarden – Egidio Marzona (ADA) ab dem 16. November visionären Architekturkonzepten, Gebäudeutopien und -dystopien des 20. Jahrhunderts eine umfassende Präsentation. In diesen Jahrzehnten sahen sich Architekt:innen dazu angehalten, auf zahlreiche Krisensituationen und globale Ereignisse zu reagieren. Etwa 200 Exponate, darunter Zeichnungen, Modelle, Objekte und Publikationen erzählen von einem hoffnungsvollen Fortschrittsglauben oder mahnenden Skeptizismus für das Leben in der Zukunft. Mit Blick auf die heutigen gesellschaftlichen Herausforderungen scheinen viele der historischen Utopien mittlerweile ausgesprochen aktuell.
Die Schau stellt zehn Positionen vor, darunter einzelne Architekt:innen als auch Kollektive und lose Gruppierungen. Zu Beginn stehen Visionen des frühen 20. Jahrhunderts, etwa von Paul Scheerbart (1863-1915) und Bruno Taut (1880-1938), in denen die Natur und der Kosmos in die Architektur einfließende Aspekte sind. Konzepte von Richard Buckminster Fuller (1895-1983) wie die mobilen Kuppelbauten und der damit verbundenen Mahnung zum verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen leiten über zu Positionen der Nachkriegszeit. Im Zuge der Fortschrittseuphorie der 1960er/70er-Jahre entstehen in dieser Zeit im Umfeld der italienischen „Architettura Radicale“ utopische und dystopische Lebensentwürfe gleichermaßen. Das Spektrum ist breit: Ironische Positionen wie von Ettore Sottsass (1917-2007) oder der österreichischen Künstlergruppen Haus-Rucker-Co und Coop Himmelb(l)au finden sich neben Entwürfen von Superstudio und Raimund Abraham (1933-2010), in denen sich kosmische Fantasien mit archaischen Bauformen verbinden. Neben den sozialen und architektonischen Konzepten ist diese Ausstellung zugleich auch ein Blick auf die Avantgarde und Popkultur des 20. Jahrhunderts. (db, 15.11.24)
Superstudio: Das Fortwährende Monument, 1973, © Superstudio, SKD, Archiv der Avantgarden – Egidio Marzona, Superstudio (Foto: Herbert Boswank)