Wer in den letzten Tagen über die Leipziger Denkmal-Messe schlenderte, konnte so etwas wie Aufbruch verspüren. Verglichen mit den letzten Jahren, gab es zum 30. Jubiläum der Fachmesse wieder mehr Gemeinschaftsstände und besuchenswerte Begleitveranstaltungen zu entdecken. Hier ploppten Fragen auf, die vor einer Generation schon einmal laut diskutiert wurden. Da passt es gut, dass selbst der bauliche Rahmen – die Mitte der 1990er Jahre von gmp (Volkwin Marg und Hubert Nienhoff) gestaltete Neue Messe mit ihrer gläsernen Halle – dem kritischen Blick der Architekturbewerter:innen inzwischen immer besser standhält.

Am 8. November trafen sich Rote Listen der unterschiedlichsten Verbände bei einer Veranstaltung von dem Verband für Kunstgeschichte, dem Denkmalnetz Bayern, dem Kulturerbenetz Berlin, moderneREGIONAL und dem Abriss-Moratorium. Es war das dritte Treffen seiner Art seit 2022. Nachdem sich unterschiedliche Rote Listen zunächst vernetzt haben, gründet sich nun eine Anti-Abriss-Allianz. Damit können verschiedene Kräfte vereint werden, um ökologische Gründe (Abriss verschleudert Ressourcen), soziale Argumente (Abriss fördert Gentrifizierung) und – das ist neue – baukulturelle Perspektiven (Abriss vernichtet kulturelles Erbe) in Politik und Gesetzgebung vertreten kann. Bei diesem Termin vorgestellte Initiativen wie das seit 2022 breit beachtete Abriss-Moratoriums und ganz aktuell „House of Europae“ (u. a. unterstützt von Architects for Future) machen Mut, auf diesem Weg weiterzugehen.

Die Kernfrage – „Gehören Kirchenbauten uns allen?“ – wurde am 9. November beim Workshop der initiative kirchenmanifest.de ausgelotet. Die Veranstaltung von Deutscher Stiftung Denkmalschutz, Bundesstiftung Baukultur, moderneREGIONAL und TU Dortmund verband bei rund 80 Teilnehmenden drei Elemente. Zuerst standen Vertreter:innen aus Kirche und Politik auf dem Podium Frage und Antwort, dann konnten an vier Tischen unterschiedliche Lösungsansätze vorgestellt und diskutiert werden, um zuletzt mit einem Slam zum Thema zu schließen. Als roter Faden zeigte sich, dass Kirchen als öffentliche Räume und Orte von Demokratie (um nur einige Argumente herauszugreifen) unverzichtbar sind. Und dass es – neben viel Kreativität und auch finanziellem Engagement – einer neuen gesetzlichen Weichenstellung bedarf, um das Bauen im Bestand und gemeinschaftliche Nutzungsformen zu erleichtern. Hier bringen auch (und gerade) ganz unkirchliche Bewegungen wie das Kollektiv „Staub zu Glitzer“, das Theater als Cultural Commons begreift, gerade frische Ideen in die Diskussion.

Damit schließt sich der Kreis zwischen den unterschiedlichen Initiativen und Zusammenschlüssen. Vieles daran erinnert an die Aufbrüche der 1980er und 1990er Jahre. Vom Layout der Flugblätter, Aufkleber und Buttons bis zum Optimismus, dass die Dinge (nur) besser werden können. Der Protest ist bunter geworden, digitaler, europäischer und insgesamt besser vernetzt – gegen Abriss, für Erhalt und eine lebendige neue Nutzung. Dass moderneREGIONAL beide Treffen – zur Anti-Abriss-Allianz und zum Kirchenmanifest – als Mitveranstalter begleitet hat, war Ehrensache. (kb, 11.11.24)

Dafür-Dagegen-Tassen mit Motiven von Uli Stein (Bilder: amazon)

DafürDagegen-Tassen mit Motiven von Uli Stein (Bilder: amazon)

Anmelden

Registrieren

Passwort zurücksetzen

Bitte gib deinen Benutzernamen oder deine E-Mail-Adresse an. Du erhältst anschließend einen Link zur Erstellung eines neuen Passworts per E-Mail.