“Haben das Päckchen erhalten … Jetzt können wir wieder flott wegrauchen und den Russen dabei mächtig eins aufbrennen” – so 1915 eine Feldpostkarte mit einem Motiv des Zigarettenherstellers Batschari. Wussten wir es doch: Rauchen ist böse. Doch waren Zigaretten zu Zeiten des Ersten Weltkriegs nicht nur allgemein akzeptiert, sondern geradezu ein erschwingliches Markenzeichen der Moderne. Um 1910 gab es im Deutschen Reich fast 8.000 Sorten. Werbung und Verpackungen beschworen die Mythen des Orients, die Welt der internationalen Hautevolee, bisweilen mit hervorragender Gebrauchsgrafik. Grund genug, dass sich die Herausgeber Rainer Gries und Stefan Rahner in ihrem neuen Buch “Zigaretten-Fronten” der politischen Kultur der Rauchwaren widmen.
Zwischen 1914 und 1918 transportierten Zigaretten immer wieder auch politische Botschaften. Aus der Marke “Gibson Girl” wurde der schwarz-weiß-rot umrandete “Wimpel”, aus dem „Dandy“ wurde “Dalli” und aus “Gil d’Or” wurde “General Goeben”. Die Zigarette zum Überlebensmittel, die auf dem Weg zur Front, im Schützengraben, im Lazarett oder in Gefangenschaft tröstete, heilte und als Währung diente. Der BMBF-Forschungsverbund “PolitCIGs” untersucht daher die Kulturen des Rauchens und die Kulturen des Politischen im Ersten Weltkrieg. (kb, 1.10.14)
Gries, Rainer/Rahner, Stefan (Hg.), Zigaretten-Fronten. Die politischen Kulturen des Rauchens in der Zeit des Ersten Weltkriegs, Jonas-Verlag, Marburg 2014, 192 Seiten, gebunden, rund 100 Abbildungen, ISBN 978-3-89445-496-8.