Frankfurt am Main-Nieder-Erlenbach, Gemeindezentrum "Jesus Christus - Der Gute Hirte", Glühbirne (Bild: Karin Berkemann)

Für die Jüngeren unter Ihnen: Das ist eine Glühbirne, noch dazu in einer seltenen Ausführung mit geriffelter Oberfläche (Bild: Karin Berkemann)

Manchmal sagt ein Gebrauchsgegenstand mehr über einen Bau als eine lange kunsthistorische Beschreibung. Spiegelt er doch, mit welchem Leben die Menschen hier den hehren Architektenentwurf füllen, in welchem Licht sie den Bau sehen. Im diesem Fall geht es um eine Glühbirne mit besonderer Oberfläche. Sie belichtet die Nebenräume eines Ensembles, das schon jetzt klassischer wirkt als es ist: das im Jahr 2000 geweihte Gemeindezentrum “Jesus Christus – Der Gute Hirte” in Frankfurt-Niedererlenbach.

Hier, am äußersten Rand von Frankfurt, ist es wie mit jeder Architektur. Man mag die vielen Details nicht sehen, aber man spürt sie: Ob der Schreiner die Entwürfe mit Liebe um gesetzt hat, die Treppenstufen gut zu den Füßen passen und die Lampen genau das richtige Licht spenden. Wenn eine solch große Architektur in die Jahre kommt, dann steckt der Teufel manchmal im Detail. Im dörflichen Frankfurter Stadtteil Nieder-Erlenbach hat der Architekt Günter Pfeifer sorgsam auf jede Kleinigkeit geachtet. Seine Kirche sollte – im besten Wortsinn – einfach sein. Und diese gekonnte Einfachheit machte viel Arbeit. Intensiv suchte er mit der Gemeinde nach Materialien, die gut aussehen, lange halten und bei all dem nicht viel kosten.

Harte Schale …

Das Ensemble, das seine liturgischen und gemeindlichen Räume wie ein Gehöft zusammenbindet, wird nach außen von den Baustoffen Beton und Holz bestimmt. Kein Turm, nur ein turmähnlicher Dachaufbau weist auf den kirchlichen Standort hin. Doch die glatten hochgeschlossenen Wände machen beim Nähertreten deutlich: Hier geht es um etwas Besonderes. Dieser Eindruck vertieft sich an der Eingangstür zum Kirchentür, wo der erste Blick auf eine Buchstabenwand trifft. Aus blauen Plastiklettern formte Pfeifer Bibelworte zum Thema “Guter Hirte”. In ihren Zwischenräumen geben die Schriftzeichen Durchblicke in den dahinterliegenden Kirchenraum frei.

Mit wenigen gekonnten Handgriffen setzte Pfeifer hier die liturgischen Orte ins rechte Licht: Die Altarwand betonen zwei schmale Fensterschlitze, die sich zum Kreuz verbinden. Der von Glas umfangene Tabernakel scheint in einem Strahlenkranz zu schweben. Und allein die zehn Meter hohe Taufkapelle erhält von oben ungefiltertes Tageslicht. In der Sakristei, in den Gemeinderäumen, in den Toiletten hingegen schraubte Pfeifer „nackte“ Glühbirnen unter die Betondecke. Sie stecken in schweren weißen Porzellanfassungen – wie in einer Fabrikhalle im Bauhausstil der 1920er Jahre. Einfach edel.

… warmer Kern

Genau diese Glühbirnen machen dem Küster in Nieder-Erlenbach seitdem Kopfzerbrechen. Sie müssen bruchfest sein, damit sie ohne Lampenschirm verwendet werden dürfen. Zudem hatte der Architekt ein spezielles “geripptes” Exemplar ausgesucht, das besonders weiches Licht in den Raum streut. Nur begann kurz darauf das Glühbirnensterben: Eine gute neue Lampe läuft mit Energiesparbirnen oder gleich mit LED-Lichtern. Zum Glück entdeckte die Gemeinde noch einen Posten bruchfester Leuchten – nur leider mit glatter Oberfläche. Aber wirklich kompliziert wird es, wenn eine der Birnen an den entlegenen hohen Stellen der Kirchendecke kaputt geht. Dann muss schon mal die Freiwillige Feuerwehr mit dem Hubsteiger anrücken. Dann sorgt eine ganze Gemeinde liebevoll dafür, dass bei der großen Architektur auch die kleinen Dinge funktionieren. (kb, 6.11.16)

Mehr?

Analog in der Ausstellung “AUF EWIG. Moderne Kirchen im Bistum Mainz” (kuratiert von Karin Berkemann im Auftrag der “Straße der Moderne” in Zusammenarbeit mit dem Dommuseum Mainz), online bei Günter Pfeifer oder viele Vergleichsbeispiele auf der “Straße der Moderne” oder für den Bücherschrank der Bildband “Gottes neue Häuser” von Matthias Ludwig und Reinhard Mawick (antiquarischer Kauf).

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