Die ältesten stahlfreien Betonbauwerke Deutschlands stehen im Dreieich-Park in Offenbach am Main. Die Zementfabrik Feege & Gotthardt errichtete anlässlich der 2. Hessischen Landes-Gewerbeausstellung 1879 einen den Fußgängerweg im Park überspannenden 16 Meter weiten gewölbten Träger sowie einen tempelähnlichen Pavillon mit Kuppel aus nicht armiertem Portlandzement. Wirklich benutzbar waren die Bauwerke nie, sie wurden errichtet, um die Vielseitigkeit ihres neuartigen Baustoffes aufzuzeigen. Urprünglich sollten Brücke und Pavillon drei Monate, die Dauer der Ausstellung, stehenbleiben. Es sind aber doch 143 Jahre geworden, denn sie erwiesen sich als ausgesprochen Stabil und sind heute die letzten existierenden Gebäude der Gewerbeausstellung. Erstmalig von Abriss bedroht waren die Bauten 1970, Spenden ermöglichten damals die Sanierung. Hierbei wurde unter anderem der gebogene Träger mit einem Stahlzugband verstärkt. 1984 und 2006 fanden weitere, diesmal von der Stadt Offenbach finanzierte Sanierungen statt, sie waren wohl Fehlschläge: 2014 musste ein stützendes Holzgerüst unterm Bogen errichtet werden, der Pavillon ist aus Haftungsgründen abgesperrt.

Die maroden Betonbauten sind Teil der Route der Industriekultur Rhein-Main und Ziel von Führungen der Volkshochschule Offenbach. Dennoch scheint niemand ihren Verfall ernsthaft aufzuhalten. Die Zeitung Offenbach Post hat nun bei der Stadt angefragt, was aus der angekündigten Sanierung werden solle. „Um eine Lösung zu erarbeiten, wird derzeit ein Symposium mit Experten aus den Bereichen Baukultur, Denkmalpflege, Materialwissenschaften, Architektur und Ingenieurwesen sowie Betonsanierung für den Sommer vorbereitet“, sagt Stadtsprecher Fabian El Cheikh. Im Zuge dieses Expertentreffens solle geprüft werden, wie eine Sicherung unter Beachtung des Denkmalschutzes aussehen könne und welche Maßnahmen hierfür notwendig seien. Auf dieser Grundlage solle ein Sicherungskonzept erarbeitet und auch “die Einbindung beziehungsweise eine verbesserte Wahrnehmung der Betonobjekte im Dreieichpark reflektiert werden.“ Die Sicherung gestalte sich aufgrund der mehrfachen, aus heutiger Sicht unsachgemäßen Sanierungen, des unzureichenden Unterbaus, unklarer Schadensursachen sowie der sehr unterschiedlichen Zustände der verschiedenen Bauteile schwierig. Es herrsche gar Unklarheit, ob ein dauerhafter Erhalt bautechnisch und wirtschaftlich vor Ort möglich sei. Sprich: Wird es zu aufwendig, erwägt man einen Nachbau und werde die einsturzgefährdeten Originale möglicherweise in eine gesicherte Umgebung versetzen. (db, 21.5.22)

Offenbach, Dreieich-Park 2008 (Bild: Christos Vittoratos, CC BY-SA 3.0)

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