1975 schlossen sich die Türen des Autohauses Hausmann in Passau. Im Februar 2015 gab es noch einmal die Chance, eine Zeitkapsel zu betreten (Bild: Stephan Lindloff)

1928 wurde das Autohaus Hausmann in Passau eröffnet. 1975 schlossen sich seine Türen für die folgenden 40 Jahre. Im Februar 2015 wurde es ausgeräumt – und mR war mit der Kamera dabei (Bild: Stephan Lindloff)

Ein Stück Automobil-, Familien- und Architekturgeschichte konnte im Februar 2015 ein letztes Mal besucht werden: Das 1928 eröffnete Autohaus Hausmann in der Passauer Theresienstraße gehörte einst zu den größten Ford-Händlern Bayerns. Mitte der 1960er wechselte man die Marken und stieg um auf Peugeot, Simca und British Leyland. 1975 war Schluss in der City, eine Filiale am Stadtrand wurde zum Hauptsitz. In der Theresienstraße parkten fortan Neufahrzeuge im Erdgeschoss. Die oberen Etagen des Gebäudes betrat außer dem Seniorchef nur noch der Stromableser. Otto Hausmann starb 1987, das Autohaus machte um 1992 komplett dicht – und keine Schraube, kein Fahrzeug, kein Möbelstück und keine Akte sollten mehr die Hallen verlassen.

Als wäre sämtliches Leben eingefroren

Anfang 2015 starb die letzte Besitzerin des Hausmann-Imperiums. Ein Enkel erbte die beweglichen Gegenstände in der Theresienstraße – nicht aber die Immobilie selbst. Deren Räumung war so faszinierend wie beklemmend. Auf vier Etagen herrschte geschätzt das Jahr 1960. Gleichwohl schien sämtliches Leben eingefroren: Kassenzettel, Prospekte, Arztberichte, Tageszeitungen, mit der Grußformel “Heil Hitler” unterzeichnete Geschäftspost der 1930er – wirklich alles fand sich in den berstend vollen Aktenschränken. Den Autofan begeisterten ein dutzend Oldtimer und ein Ersatzteillager, nach dem sich jeder Restaurator die Finger lecken würde. Für den Architekturliebhaber boten sich Bakelitschalter und -steckdosen, Terrazzoböden, Neonröhren en masse sowie der Einblick, wie im Lauf der Jahre ein Altstadthaus sukzessive zum Autosalon umgebaut wurde.

Als Kulturerbe ist das Autohaus nun verloren

Der Ursprungsbau in der Theresienstraße dürfte aus dem 19. Jahrhundert stammen. Heute ist er nur noch an einem Gewölbekeller ablesbar – und an Fotos, die beim Ausräumen auftauchten. Nach dem Krieg wurde er aufgestockt und der ohnehin sparsame Fassadenschmuck entfernt. 1954 erfolgte die letzte Umgestaltung, bei der die alten Holzstiegen durch eine zentrale Treppe ersetzt wurden und die Fassade ihre Bandfenster erhielt – so sollte es bis in diese Tage bleiben. Als Kulturerbe ist das Autohaus Hausmann nun verloren und droht sogar, zum Zankapfel zu werden: Noch während der Räumung wurde von Seiten anderer möglicher Erben eine einstweilige Verfügung erwirkt, laut der dem Enkel vorerst der Zutritt zum Haus verwehrt wird. Die Türen in der Theresienstraße sind im Moment wieder zu. (db, 15.3.15)

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