Wer einmal vier Archivpraktikumswochen lang Aktenblätter aus sich verklebenden 1980er-Jahre-Klarsichthüllen geschält hat, sieht das Material Plastik nicht ohne Skepsis. Aber was heute mit Blick auf die Umwelt in Verruf geraten ist, war für Künstler:innen der Moderne ein verlockender Werkstoff. Er war nicht nur günstig, sondern ermöglichte auch eine schier unendliche Formen- und Farbenvielfalt. Für die gesamte Gesellschaft begann in den 1950er Jahren das sog. Plastic Age, das für Fortschritt und Wirtschaftswachstum stand, bis man in den späten 1970er Jahren die ökologischen Schattenseiten aufdeckte.
Unter dem Titel „Plastic World“ zeigt die Frankfurter Schirn in eine rumfassenden Themenausstellung Kunstwerke von der Mitte des 20. Jahrhunderts bis heute. Zu sehen sind über 100 Werke von rund 50 internationalen Künstler:innen von den Installationen einer Eva Hesse über die architektonischen Visionen eines Hans Hollein bis zu den ironischen räumlichen Inszenierungen eines Gino Marotta. Manche Objekte werden programmatisch noch in der Transportbox präsentiert, denn sie beginnen zunehmend, sich zu zersetzen – damit die ist Plastikkunst inzwischen selbst zur bedrohten Art geworden. Die Ausstellung ist in der Schirn am Frankfurter Römerberg noch bis zum 1. Oktober 2023 zu sehen. (kb, 30.6.23)