Wie rückt man dem Erfolgsgeheimnis einer Ideologie möglichst unideologisch zu Leibe? Indem man sich den dortigen Städtebau genauer anschaut, so die Arbeitshypothese des südkoreanischen Architekturhistorikers Inha Jung. Unter dem Titel „Constructing the Socialist Way of Life“ analysiert er in seinem neuen Buch, jüngst erschienen bei Dom Publishers, die Großwohnanlagen und die urbanistischen Konzepte von Nordkorea. Jung promovierte 1993 an der Pariser Sorbonne und lehrt heute Architekturgeschichte und -theorie an der südkoreanischen Hanyang Universität in Ansan.
Trotz Wirtschaftssanktionen von außen und Hunger im Inneren hält sich die nordkoreanische Herrschaft der Familie Kim hartnäckig. Daher fragt Jung nach dem Kitt einer Gesellschaft, die dieses System seit Jahrzehnten geduldig am Laufen hält. Seit 70 Jahren bestimmt die Staatsideologie auch den dortigen Wohnungs- und Städtebau. Anhand von Primärquellen wie Zeichnungen, Karten und Diagramme, die Jung als „neutrale Kommunikationsformen“ ausmacht, will er die Intentionen der Gestalter:innen abseits von offiziellen Texten aufspüren. (kb, 1.8.23)
Pyongyang/Nordkorea, Gwangbok Street, 2005 (Bild/Titelmotiv: © Philipp Meuser)