Berlin, Gloria-Palast im Jahr 1985 (Foto: Willy Pragher, Bild: Deutsche Digitale Bibliothek, CC BY 3.0)

Viel Geschichte, ungewisse Zukunft: der Berliner “Gloria-Palast”, hier im Jahr 1985 (Foto: Willy Pragher, Bild: Deutsche Digitale Bibliothek, CC BY 3.0)

“Man kann dem Bild am Kopf dieser Seite seinen Reiz nicht absprechen.” Soweit stimmen wir dem unbenannten Autor der “Bauwelt” zu, der 1953 den damals frisch eingeweihten Berliner “Gloria-Palast” bespricht. “Die feine Teilung des Rasters verträgt sich gut mit den ‘Details’ der ‘romanischen’ Kirche”, fährt die “Bauwelt” fort – und meint damit die noch nicht wiederaufgebaute historistische Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche am Ende des Kudamms, in direkter Blickachse zum neuen Lichtspielhaus mit darüberliegenden Büroetagen. Doch hafte dem nachkriegsmodernen Kinoneubau nichts mehr von jener wilhelminischen Zeit an, die schon dem Vorgängerkino seinen Namen gegeben habe: “Gloria-Palast”. Am filigraneren Nachfolger, dem Neubau von 1953, lese man zwar “auch noch ‘Gloria’, aber verschämt klein gegen Blusen und Banken.” Für die “Bauwelt” geriet das neue Gloria zum angemessenen Ausdruck eines neuen, demokratischen, sich selbst aus Trümmern neu erfindenden Berlin.

“Bau aus willhelminischem Willen”

Streng genommen stammte der erste “Gloria-Palast” nicht aus wilhelminischer Zeit, sondern nur der Bau, in den das Kino 1926 einziehen sollte. Doch haftete dem sog. Romanischen Haus, 1896 von Franz Schwechten am Kurfürstendamm 10 errichtet, unverkennbar der Geist der Kaiserzeit an. Hatte Schwechten doch auch schon die nahe Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche gekonnt historistisch in Szene gesetzt.

Das kriegszerstörte “Romanische Haus” in Berlin im Juli 1945, in dem der erste “Gloria-Palast” untergebracht war

In Zusammenarbeit mit der UfA, unter den Architekten Kühnell, Lessing und Bremer, entstand so im ehemaligen wilhelminischen Wohnhaus ein “Uraufführungstheater”. Zugleich sollten die zwischenzeitlich eingezogenen Nutzungen – das Restaurant “Regina-Palast” und die Schauräume Möbelfirma Pfaff – mit eingebunden werden. Mit neuer Eisenkonstruktion, neubarockem Dekor und viel Leuchtreklame schufen sie ein edles Premierenkino, in dem die ersten großen deutschen Tonfilme reüssierten.

Das neue verbesserte Gloria

Nach dem Krieg entstand das zerstörte Kino 1953 auf einem Teilstück des ehemaligen Baugrunds neu: Am Kurfürstendamm 12 errichteten die Architekten Siegfried Fehr und Gerhard Jäckel einen fünfgeschossigen Stahlbetonskelettbau. Für die markante Rasterfassade unterteilten sie die Fensterbänder durch massive, aber nichttragende Pfeiler aus Naturstein. So nüchtern die oberen Büroetagen wirken mochten, so dynamisch zogen Flugdach und Leuchtreklame im passatenreichen Erdgeschoss alle Aufmerksamkeit auf sich.

Im Inneren wurde der Besucher von einem vielfach geschwungenen Kassenfoyer mit sich windender Freitreppe empfangen. Das Erdgeschoss nahm zudem zwei Ladengeschäfte, die Garderobe und weitere Treppen auf. Im Obergeschoss angelangt, fand man sich im ebenfalls edel geschwungenen und nussbaumverkleideten Kino-/Festsaal wieder, der allein schon im Parkett Raum für bis zu 780 Gäste bot. Der “Gloria-Filmpalast” wurde in den folgenden Jahren – 1963-64, 1971-73 sowie 1986-87 – mehrfach um- und ausgebaut.

Keine Zukunft fürs Edelkino?

Seit 1998 wird das denkmalgeschützte Gloria nicht mehr als Kino bespielt, sondern diente verschiedenen gewerblichen Zwecken. Erhalten sind jedoch typische Kennzeichen der Bau- und Nutzungsgeschichte: von der bauzeitlichen Fassade bis zur Neonreklame. Nun hat der neue Eigentümer des nachkriegsmodernen ehemaligen Glorias ein Gutachten vorgelegt, das die Fassade der 1950er Jahre als nicht mehr standfest ansieht. Und einen Antrag auf (Teil-)Abriss und Um- bzw. Neubau gestellt. Kritiker befürchten nicht nur den Verlust eines Denkmals der Kinogeschichte, sondern auch einen unmaßstäblich hohen Neubau mitten am einst so pulsierenden Kudamm. (kb, 26.1.16)

Update: Der Tagesspiegel vom 4. Mai 2017 meldet: “Nun scheint eine Abrissgenehmigung in Sicht.” Der Charlottenburg-Wilmersdorfer Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) sehe die Fassade als nicht mehr rettbar an. “Allerdings gebe es noch ‘kein Einvernehmen'” zwischen der Unteren und der Oberen Denkmalschutzbehörde.

Literatur (Auswahl)

Huse, Norbert (Hg.), verloren. gefährdet. geschützt. Baudenkmale in Berlin. Ausstellung im ehemaligen Arbeitsschutzzentrum Berlin-Charlottenburg. 7. Dezember 1988 bis 5. März 1989, hierin: S. 313-315.

Vom Filmpalast zum Kinozentrum Zoo-Palast, hg. vom Zentrum am Zoo Geschäftsbauten AG, Berlin 1983, hierin: S. 27-40.

Der “Gloria-Palast” in Berlin, in: 44, Bauwelt 47, 1953, S. 927-929.

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