Es war ein Triumph der sowjetischen Raumfahrt: Am 4. Oktober 1957 umrundete Sputnik I, der erste künstliche Satellit, die Erde. Mitten im Kalten Krieg löste der „Sputnik-Schock“ vor allem in den USA, aber auch in weiten Teilen der restlichen Welt, tiefe Verunsicherung aus. Wie sollte die vermeintliche westliche „Fortschrittslücke“ geschlossen werden? Reihenweise beschlossen Regierungen große Investitionsprogramme für Forschung und Bildung, woraufhin die Räume und die Zeiten des Lernens förmlich explodierten. Ganztagsschulen und Bildungszentren wurden gebaut, Reformuniversitäten gegründet, Sprachlabore eingerichtet. Man entdeckte die „Stadt als Klassenzimmer“ und erfand das „lebenslange Lernen“. Das Forschungs- und Ausstellungsprojekt Bildungsschock – Lernen, Politik und Architektur in den 1960er und 1970er Jahren befragt diese Epoche vor dem Hintergrund aktueller Debatten um die Beziehung von Bildung und Raum. Der Begriff „Bildungsschock“ bezieht sich einerseits auf die angesprochenen Schock-Metaphern der Zeit. Andererseits verweist er auf die Erschütterungen, denen Bildung im Zuge von Reform und Modernisierung ausgesetzt war.

Die Ausstellung, kuratiert von Tom Holert, wurde zuerst 2021 im Haus der Kulturen der Welt in Berlin präsentiert, derzeit ist sie bis 25. Juni im Vorarlberger Architektur Institut (vai) in Dornbirn zu sehen. Thematisch arbeitet sie nach dem Prinzip der Fallstudie: Jede der rund fünfunddreißig Stationen arbeitet einen bestimmten Aspekt des globalen Bildungsgeschehens der 1960er und 1970er Jahre heraus. Dafür haben die mitwirkenden Künstler:Innen und Wissenschaftler:Innen die Archive sondiert. Den Besucher:Innen wird eine Epoche nähergebracht, die geprägt war von Experimenten, von Aufbruchsstimmung, von Kritik und Zweifel. Die Ausstellung kann – so der Plan – als Ressource für den Umgang mit den bildungspolitischen Krisen der Gegenwart und Zukunft dienen. Das Buch zum Projekt ist 2020 bei deGruyter erschienen. Einen Blick in die Ausstellung und ein thematischer Überblick von Tom Holert bietet ein Youtube-Video. (db, 18.5.22)

Berlin, OS Wedding 2019 (Bild: Ludger Blanke, vai Presse)

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