Auch wenn der allgegenwärtige Vergleich mit der Wallfahrtskirche von Ronchamp gerne und allzu häufig eingesetzt wird, um jedweden markanten Betonbau anzupreisen – in diesem Fall drängt er sich tatsächlich auf. In Bozen im Südtirol entstand zwischen 1963 und 1969 die Kirche St. Pius X. Leicht zurückgesetzt in der Reschenstraße gelegen, öffnen sich die Seitenwände und die Decke der Stahlbetonkonstruktion, die eine Betonglaswand umfangen, in einer großen Geste zu den Gästen hin. Im Inneren wird der Gottesdienstraum auf einem annähernd kreuzförmigem Grundriss zum Altar hin gesteigert, vor dem die Decke zu einem Oberlicht mit einer Art Laterne aufbricht. Damit steigerte und öffnete der Architekt die betonplastischen Impulse, die von Ronchamp ausgingen, zu einem bewegt ein- und ausschwingenden Gebilde. Zudem strukturierte er die betonsichtige Konstruktion durch eine quergestreiften Oberfläche sowie eine umlaufende Lichtfuge unterhalb der Decke.

Der Entwurf für St. Pius X. stammt vom Architekten Armando Ronca (1901-1970), der schon vor dem Zweiten Weltkrieg einige seiner Entwürfe verwirklichen konnte, aber vor allem in den ersten Jahrzehnten der Nachkriegszeit in seiner Region prägend wirkte. Auf seinen Plänen beruhen weitere markante Bauten in Bozen, im Südtirol und in Mailand – vom Stadion San Siro in Mailand über Hotels, Ferienhäuser und Schulen bis zu innenarchitektonischen Arbeiten. Nun wurde die Qualität des Bozener Betonbaukunstwerks in der Inventarisation erkannt und mit dem Denkmalschutz gewürdigt. Die Landesdenkmalpflege versteht diesen Schritt auch als Zeichen der zunehmenden Öffnung für die Kunst der Nachkriegsmoderne, darunter wohl auch weitere geplante Unterschutzstellungen für andere Ronca-Bauten. (kb, 20.6.22)

Bozen, St. Pius X., Blick zum Altar (Bild: via glorie.at)

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