ein Nachruf von Johann Gallis


Seine Sichtbetonbauten gelten als Symbol für die Modernisierung des Burgenlandes der 1960er und 1970er Jahre. Wie heute bekannt wurde, ist Architekt Matthias Szauer, der als Hauptvertreter des Burgenländischen Brutalismus bezeichnet werden kann, im Alter von 87 Jahren verstorben. Mit dem Tod von Matthias Szauer verliert das Burgenland einen der zentralen Protagonisten der Architektur des 20. Jahrhunderts. Er hinterlässt ein Oeuvre von mehr als 450 Bauten.

Eisenstadt, Joseph Haydn Konservatorium, 1970, Gottfried Fickl und Matthias Szauer (Bild: Bwag, CC BY SA 4.0, 2019)

Eisenstadt, Joseph Haydn Konservatorium, 1970, Gottfried Fickl und Matthias Szauer, heutiger Zusand nach Überformung und Aufstockung (Bild: Bwag, CC BY SA 4.0, 2019)

Im Burgenland

Geboren wurde Matthias Szauer 1935 in der burgenlandkroatischen Gemeinde Nikitsch. In den Jahren 1959 bis 1963 folgte ein Architekturstudium an der Akademie der bildenden Künste in der Meisterklasse von Clemens Holzmeister. Unmittelbar nach dem Abschluss bereiste Szauer, der bereits während seines Studiums zahlreiche internationale Arbeitsaufenthalte absolviert hatte, die Vereinigten Staaten, wo er unter anderem Mies van der Rohe, Walter Gropius und Louis I. Kahn besuchte.

Wieder in Österreich zurück, trat er in das Wiener Büro von Gottfried Fickl und August Kremnitzer ein. Im Jahr 1968, nachdem er die Ziviltechnikerprüfung abgelegt hatte, eröffnete Szauer in Eisenstadt sein eigenes Büro, wobei er mit Gottfried Fickl und der Stadt Wien jahrzehntelang beruflich verbunden bleiben sollte. Gemeinsam mit Fickl stand Szauer vor allem bei nationalen Wettbewerben in direkter Konkurrenz mit den großen Playern des nationalen Architekturgeschehens der späten 1960er und frühen 1970er Jahre.

Wien, Volksschule Dopschstraße, Hans Hohenegger und Matthias Szauer, 1974 (Bild: H. Wolfgang, CC BY SA 4.0, 2019)

Wien, Volksschule Dopschstraße, Hans Hohenegger und Matthias Szauer, 1974 (Bild: H. Wolfgang, CC BY SA 4.0, 2019)

Ein exzellenter Netzwerker

Im Burgenland der 1970er Jahre avancierte Szauer einerseits aufgrund zahlreicher Wettbewerbsteilnahmen, anderseits aufgrund eines exzellenten Netzwerks zum meistbeschäftigten Planer, zum „Stararchitekten“ der Region, wie ihn die sozialistische, burgenländische Wochenzeitung „BF“ damals bezeichnete. Wie viele Akteure jener Architektengeneration erweiterte Szauer in seiner Berufslaufbahn seinen Wirkungskreis auch ins Ausland. So zeichnet er für die Planung eines Krankenhauses im Saudi Arabischen Riad verantwortlich und trug damit auch zum Architekturexport Österreichs über System- und Ländergrenzen hinweg bei. Bis 2017 betrieb Szauer sein Architekturbüro in Eisenstadt.

Matthias Szauers Oeuvre, das über 450 realisierte Projekte aufweist, umfasst nahezu alle Typologien des Bauens – von Interieurs bis zum Krankenhaus, vom Gemeindeamt bis zum Einfamilienhaus. Ein Schwerpunkt kann im öffentlichen Bauen ausgemacht werden. So stellen vor allem die innovative Auseinandersetzung mit verschiedenen Schulbautypologien, dem Krankenhaus- und Altenheimbau, dem Sport- und Freizeitzentrenbau, dem Bestattungshallenbau, aber auch die Entwicklung der Typologie der burgenländischen Kulturzentren entscheidende Parameter im vielschichtigen Werk des Architekten dar. Zu seinen Hauptwerken zählen das Joseph-Haydn-Konservatorium, das Landeskrankenhaus Oberwart, das Kulturzentrum Güssing, zahlreiche Schulbauten (u. a. die Zentralschule Lockenhaus und die Hauptschule Großwarasdorf), der Bundesländerhof Eisenstadt und das Wohnhaus Szauer in Kleinhöflein.

Landeskrankenhaus Oberwart, Matthias Szauer und Gottfried Flickl, 1988 (Bild: Thomas Ledl, CC BY SA 4.0, 2021)

Ein österreichischer Brutalist

Stilistisch gilt Matthias Szauer heute in der Forschung als einer der wichtigen Vertreter des Brutalismus in Österreich. So wendete sich der Architekt, der in seinem Frühwerk durchaus auch eine „moderat-moderne“ Auffassung pflegte, bald der Ende der 1960er Jahre hoch im Kurs stehenden plastischen, schalreinen Sichtbetonarchitektur zu. Szauer plante zwischen 1965 und 1980 eine Vielzahl vor allem öffentlicher Bauten im brutalistischen Architekturstil, die er im Inneren mit am Puls der Zeit gehaltenen Einrichtungen auszustatten wusste.

Im Burgenland wurde der Brutalismus durch die Bauten von Matthias Szauer gemeinsam mit jenen seines Architektenkollegen Herwig Udo Graf zum Symbol der Modernisierung und des Aufstiegs eines bis dahin ärmlichen Bundeslandes. Mit dem vermeintlichen Ende der Moderne und dem Einsetzen der Postmoderne zu Beginn der 1980er Jahre wandte sich Szauer einem der neuen Situation angepassten Formen- und Materialvokabular zu. Zahlreiche seiner Bauten stehen mittlerweile unter Denkmalschutz. (8.6.22)

Titelmotiv: Matthias Szauer (Bild: historische Abbildung, Bildquelle: Matthias Szauer Architektur, Ausstellungskatalog, Landesgalerie Burgenland, 1976)

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