Künstler:innen lieben den Plattenbau, zumindest seit einigen Jahren. Das mag mit dem Retrofaktor zusammenhängen, mit der Auseinandersetzung mit eigenen Kindheitserfahrungen, mit dem seriellen Raster der Fassaden oder mit dem Optimismus jener Aufbruchsjahre. Hinzu kommt der Reiz, mit einem zum Klischee erstarrten Imageproblem der Trabentenstädte zu spielen und Ost-West-Klischees aufzubrechen. Entsprechend mischen sich in aktuellen Kunstprojekten zu Großtafelbauten oft soziologische, historische und gestalterische Ansätze, um der damaligen Moderneeuphorie auf die Spur zu kommen. Auch die Künstlerin Wenke Seemann verbindet in ihren Werken Archivmaterialien und eigene gestalterische Akzente zu collageartigen Werken.

Die Ausstellung “Utopie” auf Platte” zeigt vom 9. Juli bis zum 28. August in der Kunsthalle Rostock (Schwanenteichpark, Hamburger Str. 40, 18069 Rostock), einem sehenswerten Zeugnis ostmoderner Architektur, eine Werkauswahl von Wenke Seemann, die sich um den Plattenbau drehen. Die Künstlerin, selbst in Rostock geboren, hat ihre Herkunft in der Werkserie “Archivdialoge #1 – Bauplan Zukunft” in den Mittelpunkt gerückt. Dafür hat sie das Fotoarchiv ihres Vaters eingesetzt, der in den 1970/80er Jahren die Entstehung der Neubaugebiete im Rostocker Nordwesten dokumentierte. In der künstlerischen Arbeit werden diese Zeitdokumente einer optimistischen Aufbauzeit konfrontiert mit dem Alltagsleben der (Nach-)Wendezeit. Dafür werden Plattenbauten zerlegt und neu zusammengesetzt, gedreht und gewendet, und damit ein neuer Blick auf das Bauen, Leben und Denken jener Jahre ermöglicht. Die Sonderausstellung wurde kuratiert von der Berliner Foto- und Kunsthistorikerin Franziska Schmidt. (kb, 8.6.22)

Wenke Seemann, Lütten Klein #1, aus der Reihe “Deconstructing Plattenbau” (Bild: © Wenke Seemann)

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