Fast könnte man hier dieselbe Einleitung alle zwei Wochen verwenden: An die Stelle eines 1970er-Jahre-Bürokomplexes tritt ein Neubau, den die Welt noch braucht. Die Lokalpresse feiert die Nachricht als Fortschritt, der wahlweise einen “Schandfleck” beseitigt oder ein Arbeitsplatzproblem löst. Eine kleine Gruppe aufrechter Modernisten hingegen reibt sich verwundert die Augen und betrauert den Verlust. Warum also verdient das ehemalige Verwaltungsgebäude der Saarbergwerke hier mehr Beachtung?
Es fand sich kein Käufer
Da wäre vielleicht der menschliche Faktor: “Als Architekt habe ich es nie erlebt, dass ein von mir gebautes Objekt abgerissen wird”, so zitiert das Online-Portal “sol.de” (Saarbrücker Zeitung) Anfang 2015 Helmut Huber. Der heute 84-jährige Architekt leitete die Hochbauabteilung der Saarbergwerke (später RAG), als er 1975 (mit Sarner, Rausendorff und Lichtenhagen) mit den Entwürfen für das Verwaltungsgebäude in der Hafenstraße begann. Huber stand bei besagtem Pressetermin mitten in den Entkernungsarbeiten seines Werks und hätte sich eine Umnutzung gut vorstellen können, vielleicht zum Messehaus. Doch nach dem Auszug des alten Nutzers fand sich für den sanierungsbedürftigen Bau kein Käufer.
Der Bergbau wird abgewickelt
Damit läge auch gleich auf der Hand, was diese “schwervermittelbare” Architektur von 1977 mit ihrem Standort und der Region verbindet. Die Saarbergwerke, die den repräsentativen Verwaltungsriegel in Auftrag gaben, zählten bis vor wenigen Jahren zum Tafelsilber des “Industriellen Bundesvermögens”. 1957 gegründet, bewirtschaftete die AG den Kohleabbau an der Saar. Doch eben dieser wurde bis 2012 vollständig eingestellt – und unter dem neuen Dach der Ruhrkohle AG (RAG) organisiert man jetzt nur noch mit kleiner Besetzung die Abwicklung. Damit wurde der Verwaltungssitz in der Hafenstraße im Saarbrücker Stadtteil St. Johann überflüssig. Und steht so zugleich für ein prägendes Stück bundesdeutscher Wirtschaftsgeschichte.
Abreißen ist keine Kunst
Die Architektursprache des Saarbergwerke-Verwaltungsbaus wirkt auf den ersten Blick fast noch/wieder zeitgenössisch. Im Inneren birgt der Komplex zudem ein wenig “Kunst am Bau” von Paul Schneider und ein grafisches Leitsystem von Diethard Adt. Doch heute scheint nur noch der Baugrund von Interesse. Mehmet Altin, Geschäftsführer der Immobiliengruppe, die den Bau erworben hat und dort nun ein Fünf-Sterne-Hotel mit Parkplätzen plant, wurde von der Bild-Zeitung im Dezember des vergangenen Jahres mit den Worten zitiert: “Ich bin als Saarländer fest von diesem Standort überzeugt.” Der Abriss läuft. (kb, 25.7.16)