Für eine Retrospektive des Bildhauers Josef Thorak – neben Arno Breker einer der beherrschenden Künstler:innen der NS-Zeit – wurde im österreichischen Salzburg 1950 eigens ein Pavillon errichtet. Als Standort hatte man einen prominenten Teil der Altstadt ausgewählt, nahe dem Mirabellgarten, im sog. Zwergelgarten, gestaltet nach Entwürfen des Barockarchitekten Fischer von Erlach. Mit dem neuen Ausstellungspavillon wurde Karl Mayr (1902–1979) beauftragt. Geboren in Salzburg, wirkte der Holzmeister-Schüler nach seinem Wiener Architekturstudium in der Folge einige Jahre in Berlin und in Oberschlesien, um sich in der ersten Hälfte der 1940er Jahre in den Dienst der nationalsozialistischen Bauverwaltung zu stellen. Nach Kriegsende war Mayr als nationalliberaler Politiker und als Stadtplaner aktiv.
Diese wechselvolle Geschichte zwischen der postfaschistischen Restauration, der Kulturpolitik der Besatzungsmacht USA und der Architektur der „alten Sachlichkeit“ macht eine neue Publikation von Anselm Wagner sichtbar. Der Professor für Architekturtheorie an der TU Graz sieht im Pavillon eine Gemengelage verdichtet, die das Bauen von Salzburg bis in die 1960er Jahre hinein bestimmen sollte. Heute dient der Pavillon als Sommerquartier für die Galerie der Stadt. Hier findet auch morgen, am 9. August 2023 um 18 Uhr, die Buchvorstellung statt. Neben dem Autor Anselm Wagner sprechen der Wiener Architekt Alfred Berger, Mona Müry vom Verlag Müry-Salzmann und Gabriele Wagner, Leiterin der Stadtgalerien. (kb, 8.8.23)
Salzburg, Pavillon im Mirabellengarten (Bild: historische Abbildung, via stadt-salzburg.de)