Bewusst als Konterpart zum Stadion der Spiele von 1936 gestaltet. Deutschland soll sich nun ganz anders präsentieren. Architekt Behnisch selbst spricht von „demokratischer Architektur“, von Platz für das Individuum in der demokratischen Gemeinschaft, keine großen Achsen, so gut wie keine Symmetrien, kein Platz für Aufmärsche in Reih und Glied, unregelmäßig wie die Landschaft des Olympiaparks, offen, transparent, freundlich. Auch das Farbschema ist hell, bunt, freundlich. Es wird etwas gewagt: Die seinerzeit sich noch im Experimentierstadium befindende Konstruktion eines Zeltdachs wird hier gleich als Großbau realisiert. Der optimistische Blick in eine von moderner Technik geprägte Zukunft macht es möglich. Die metallisch glänzenden Einbauten auf einem der Fotos wirken wie Teile eines Raumschiffs. Auch die Rückseiten der Kabinen oberhalb der Haupttribüne haben etwas Futuristisches. Hier, wie auch an den Eintrittsbauten, finden sich die zeittypischen Busfenster mit ihren gerundeten Ecken und der Gummieinfassung. Wie groß die Dimensionen tatsächlich sind, merkt man erst im Detail. Man sieht dem Bau die wahren Dimensionen, 80.000 Plätze (ursprünglich), bis zu 70 m hohe Stahlstützen und einfamilienhausgroße Betonfundamente, nicht an. Sobald man ein paar Meter von Stahlstützen, Seilen und Fundamentsockeln entfernt ist, wirkt alles leicht, filigran und verschwindet je nach Blickwinkel fast im Licht. An der Hauptansichtsseite, dem Park, ist das Stadion weitgehend ins Gelände eingesenkt, was dazu beiträgt, dass die Konstruktionen oberhalb des Geländeniveaus nicht zu groß werden.