Wer auf Island malerische Holzbauten erwartet, eine Mischung aus Lönneberga-Hütten und Stabkirchen-Romantik, wird überrascht sein. Holz hätte man einschiffen müssen, und das war vor allem eines: teuer. Wer sich das nicht leisten konnte, baute seine Häuser entweder aus gestochenem Torf, aus Wellblech – oder eben aus Beton. Letzterer wurde zunächst zum Verputzen von Wänden eingesetzt, so etwa Mitte des 19. Jahrhunderts bei der Domkirche von Reykjavík.
Danach setzte sich Beton als günstiger und formbarer Baustoff rasch durch, bis er im frühen 20. Jahrhundert die Architektur der Insel beherrschte. 1958 sollte Island endlich sein erstes (und einziges) Zementwerk erhalten. In ihrem frisch bei Jovis erschienenen Buch “The Icelandic Concrete Saga” porträtiert die Architekturhistorikerin Sofia Nannini das Beton-Bauen zwischen 1847 und 1958. Für die Autorin drückt sich darin die Wesensart isländischer Architektur aus, die für ihre gestalterischen Ideen immer gegen Materialknappheit und ein raues Klima ankämpfen musste. (kb, 7.12.23)
Bjargtangar (Bild: Bromr, GFDL oder CC BY SA 3.0, 2009)