“Setz´Dich hin, nimm´Dir nen Keks”: Extravagante Sitzmöbel in poppigen Farben ziehen ab morgen für gut drei Wochen ins Foyer des Bonner Stadthauses ein. Exponat und Sitzgelegenheit in einem, laden Schalensitz, Freischwinger und Co. dazu ein, sich sitzend dem Thema der Ausstellung „Wohnen 60 70 80“ anzunähern. Welche Wohnkonzepte prägten die 1960er, 1970er und 1980er Jahre im damals noch geteilten Deutschland? Und welche daraus hervorgegangenen Objekte sind – mit dem gebotenen zeitlichen Abstand betrachtet – so bedeutend, dass sie als Zeugnisse ihrer Zeit erhaltenswert sind? Dieser Frage stellt sich die Zunft der Denkmalpflege im Wettlauf mit der Zeit: Im Gegenwind des Zeitgeschmacks und angesichts wirtschaftlichen und politischen Veränderungsdrucks ist es keine leichte Aufgabe, ostdeutsche Plattenbauten, verpönte „Betonbunker“, Wohnsiedlungen mit einer Vielzahl an Eigentümer*innen oder postmoderne Gebäude in ihrer spezifischen Formensprache als Denkmäler auszuweisen. Doch genau das ist die Aufgabe der Denkmalpflege: den persönlichen Geschmack unbeachtet lassend nach zeittypischen, prägenden Merkmalen Ausschau zu halten und erhaltenswerte Bauwerke – ggf. mitsamt ihrer Ausstattung – zu benennen und ihre Bedeutung zu vermitteln.

Die Spreu vom Weizen zu trennen ist in Anbetracht des riesigen Wohngebäude-Bestandes der 1960er bis 1980er Jahre eine Mammutaufgabe. Ihr hat sich die Vereinigung der Denkmalfachämter in den Ländern (VDL) bundesweit gestellt. Die Ausstellung „Wohnen 60 70 80. Junge Denkmäler in Deutschland“ gibt bis 22. September in Bonn Einblick in die Forschungsergebnisse. Neben Lese- und Anschauungsmaterial auf Stellwänden bietet eine Zeitung (stilgerecht aus Papier!) informativen Lesestoff. Die Schau, präsentiert vom LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland (LVR-ADR) in Kooperation mit der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Bonn, trägt dem Standort Rechnung, an dem sie gezeigt wird: 26 Objekte aus Bonn, errichtet in den 1960er, -70er und 80er Jahren, werden präsentiert und erläutert. Darunter sind Siedlungen im Zickzackstil, selbstbewusste Beispiele der Postmoderne, Terrassenbauten mit Naturbezug und der gläserne Kanzlerbungalow – gebautes Understatement. Die Öffentlichkeit ist eingeladen, im Rahmen der Öffnungszeiten des Stadthauses die Ausstellung zu betrachten und zu „besitzen“. Eröffnung ist Morgen, am 5. September um 16.00 Uhr. Es sprechen Petra Denny (Leiterin des Stadtplanungsamts Bonn), Dr. Anna Skriver (Leiterin der Abteilung Inventarisation des LVR-Amts für Denkmalpflege im Rheinland; LVR-ADR), Dr. Martin Bredenbeck (wissenschaftlicher Referent in der Inventarisation; LVR-ADR), Katrin Bisping (Leiterin der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Bonn). (mR/db, 4.9.23)

Bonn, Stadthaus 2013 (Bild: Axel Kirch, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

Bonn, Stadthaus, vorne und rechts die Skulptur Spiegelfaltung (1979) von Rolf Müller/ Anton Stankowski

Anmelden

Registrieren

Passwort zurücksetzen

Bitte gib deinen Benutzernamen oder deine E-Mail-Adresse an. Du erhältst anschließend einen Link zur Erstellung eines neuen Passworts per E-Mail.