Ähnlich muss es in den 1950er, 1960er und 1970er Jahren zugegangen sein, wenn sich Gemeindeglieder zusammentaten, um eine Kirche zu bauen. Da waren viele Interessierte, manche Begeisterte und einige Zupackende – und am Ende kam eine (im besten Falle) sehenswerte Predigtstätte dabei heraus. In Bonn traf sich gestern die Fachgemeinde rund um den stark gebeutelten Kirchenbau in NRW. Der Ort für das Symposion „Räume neu denken“ war denkbar gut gewählt: Die Kirche St. Helena, 1960 nach Entwürfen von Emil Steffann und Nikolaus Rosiny gestaltet, ist selbst seit einigen Jahren Ort einer erweiterten Nutzung. Seit 2007 finden hier keine Gottesdienste mehr statt. Doch, wie Dr. Martin Bredenbeck (Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz) in seiner Begrüßung der Gäste festhielt, profaniert ist dieses Baukunstwerk der Moderne nicht.

Irgendwie ist alles miteinander verbunden

In Bonn ruht der massive Altarblock im Kirchenraum im Obergeschoss auf einer Stele, die sich bis in die Kapelle im Erdgeschoss und sogar bis in den Heizungskeller fortsetzt. Dies entsprach dem katholischen Kirchbaugedanken der Zeit, dass ein Altar mit dem Erdboden verbunden sein müsse. Und es nutzt dem Kirchenbau heute, da es so unmöglich wird, nur das Obergeschoss zu profanieren. Damit blieb mit der Kapelle im Untergeschoss auch der darüberliegende liturgische Raum geweiht. Dennoch, oder vielleicht gerade deshalb nutzt der Verein „Kreuzung an Sankt Helena“ ihn seit einigen Jahren für besondere Veranstaltungen rund um Kunst und Kultur.

So war der Verein gerne auch Gastgeber des gestrigen Symposions. Hier führten Dr. Christine Kämmerer von StadtBauKultur NRW und Tobias Meier für die sich gründende Initiative „Kirchbauverein der Moderne an Rhein und Ruhr“ gemeinsam mit Dr. Martin Bredenbeck für den Rheinischen Verein als Veranstalter in den Abend ein. Den Impulsvortrag übernahm der Kunsthistoriker Dr. Oliver Meys vom LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland. Er umriss die im letzten Jahr abgeschlossene Überblickserfassung moderner Kirchen in NRW, die 2017 ausgewertet und für die laufende denkmalfachliche Arbeit weiter fruchtbar gemacht werden soll.

Der Anfang ist gemacht

Bonn, St. Helena, Symposion "Räume neu denken" (Bild: privat)

Philipp Stoltz (LMU München), Dr. Katja Veil (HS Düsseldorf) und Dr. Karin Berkemann (mR) diskutierten mit den Teilnehmern über die Perspektiven für den Kirchenbau in NRW (Bild: privat)

In der folgenden Diskussionsrunde brachte die Stadtplanerin Dr. Katja Veil (HS Düsseldorf) die Teilnehmer der Veranstaltung ins Gespräch miteinander und mit den Gästen auf dem Podium: der Theologe Philipp Stoltz (LMU München) und die Theologin/Kunsthistorikerin Karin Berkemann (moderneREGIONAL). Rasch herrschte Einigkeit darüber, dass die moderne Kirchenlandschaft an Rhein und Ruhr etwas Besonderes ist. Aber besondere Qualität brauche eben auch besonderes Fingerspitzengefühl, wenn es an Veränderungen geht.

Denn, da ist NRW keine Ausnahme in der bundesweiten Entwicklung, mit der schwindenden Mitglieder- und Finanzstärke der beiden großen Konfessionen stehen vor allem die Kirchen der Moderne zur Disposition. Viele sind schon aufgegeben, umgenutzt und abgerissen worden. Diesem Problem will die sich gründende Initiative „Kirchbauverein der Moderne an Rhein und Ruhr“ Gesprächsangebote und Lösungsmodelle entgegensetzen. Die Bonner Runde jedenfalls wird sich, so hielt es der Stadtplaner Tobias Meier zum Abschluss fest, im Sommer wieder treffen. Man will die aufgenommenen Fäden fester knüpfen und aus dem neuen Netzwerk heraus über eine Vereinsgründung nachdenken. (db, 21.1.17)

Mehr Informationen über die aufgegebenen, umgenutzten und abgerissenen Kirchen der Moderne finden Sie auf unserer neuen virtuellen Karte: invisibilis.

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