Von der Danziger Speicherinsel mit ihren Neubauten in den 1990er Jahren über die Häuserzeile im Lübecker Gründungsviertel bis hin zur Neuen Altstadt in Frankfurt am Main: Die historischen Formen sind zurück. Dabei hatten sich die großen Entwerfer des 20. Jahrhunderts doch eigentlich klar ausgedrückt. Mit der Moderne, dem Abschied vom Zierrat, sollte das Ende aller Stile angebrochen sein. Dass immer noch und immer wieder Häuser im Geist der Vergangenheit entstanden, blendete die Architekturgeschichtsschreibung lange aus. Bis die Postmoderne das Spiel mit bekannten Stilformen wieder n die Fachdiskussion brachte. Seitdem scheiden sich die Geister am Wunsch nach Rekonstruktion oder Neubau im historischen Kleid.
Erst die jüngere Forschung – darunter die aktuelle Wiederentdeckung der Postmoderne – wirft die Frage auf, ob diese Frontstellung zwischen Modernist:innen und Rekonstruktivist:innen wirklich nötig und hilfreich sei. In ihrer neuen Publikation “Neo-Historisch?”, erschienen im Jovis Verlag, untersucht die Architekturhistorikerin Eva von Engelberg-Dočkal historisierende Formen im zeitgenössischen Bauen. Sie beschreibt und kategorisiert dafür Fallbeispiele vor allem aus Polen, Deutschland und den Niederlanden. Dafür weitet sie den vergleichenden Blick zu Fragen der Rekonstruktion und Postmoderne, zieht auch die Strömungen des Historismus im 19. Jahrhundert und 20. Jahrhundert mit heran. (kb, 15.10.23)

Kolberg, Häuserzeile gegenüber vom Rathaus, Bauten nach der Wiedervereinigung (Bild: Eva von Engelberg-Dočkal)

Danzig, Speicherinsel, Stągniewna, Bauten der 1990er Jahre (Bild: Eva von Engelberg-Dočkal)