Die lupenreinen Vertreter des Brutalismus sind in Deutschland nicht zahlreich. Bald wird wohl eine weitere Betonblume verschwinden: Nach langer Debatte im Stadtrat wurde vergangenen Montag mehrheitlich entschieden, am Abriss des Krefelder Seidenweberhauses festzuhalten. Es bleibt bei der 2018 beschlossenen vollständigen Neugestaltung rund um den Theaterplatz ohne den 1976 eingeweihten kostenintensiven Rats- und Veranstaltungsbau. Statt seiner ist ein neues Technisches Rathaus vorgesehen. Schon der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Krefeld hat sich gegen den energieintensiven Abriss gewandt. Die CDU-Fraktion hatte nun beantragt, den bereits beschlossenen Wettbewerb um den Punkt „Erhalt oder Teilerhalt des Seidenweberhauses“ zu erweitern. Eine Mehrheit aus SPD, Grüne sowie Jan Hertzberg („Die Partei“) sprachen sich dagegen aus, berichtete die Rheinische Post.
Die Multifunktionshalle wurde ab 1970 geplant, die städtische Bauabteilung entwarf neben einem laufenden Wettbewerb einen Bau auf wabenförmigem Grundriss. 1971 wurde auf politischem Weg der heutige Standort durchgesetzt. der Vorentwurf des Bauamts sollte Grundlage der Planungen sein. Das Büro Sippel Trubert Klein übernahm die Bauausführung. Am 21. Juni 1972 war Grundsteinlegung, am 10. Januar 1976 wurde das Bauwerk eingeweiht. Nach einem Preisausschreiben erhielt es den Namen „Seidenweberhaus“. Einer Überprüfung auf Denkmalwert hielt es nicht stand: Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) beschrieb das Gebäude 2018 zwar als zeittypisch, künstlerisch aber nicht außergewöhnlich. Zudem bleibe „die räumliche Umsetzung […] hinter den Anforderungen an einen Kongressbau zurück”, was sich an dem schlecht zu findenden, niedrigen Foyer zeigen lasse. Nun gut … Zu den Gästen des Seidenweberhauses, das mittlerweile durch Murals und unsensibel angebrachte Fluchttreppen leicht verunstaltet ist, zählten unter anderem Reinhard Mey, Otto Waalkes, Karel Gott, Eva Renzi, Bata Illic, Roy Black, das Golden Gate Quartett , Marika Rökk und Max Greger. Vorerst bleibt der Bau in Nutzung, mit einem Abriss ist vor 2028 kaum zu rechnen. (db, 19.5.24)
Krefeld, Seidenweberhaus (Bild: Rudolfo42, CC BY-SA 4.0)
