Mitten in der georgischen Hauptstadt Tbilissi ragt der Turm des Hotel Iveria weit über die umgebende Bebauung. Es wurde 1967 für die damalige staatliche Hotelkette Intourist erbaut und avancierte zu einer Ikone der modernen Architektur in Georgien. Als sich mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion der Konflikt in der Autonomen Republik Abchasien zuspitzte, wurde das Gebäude zu einer Notunterkunft für Vertriebene und verfiel nach zehn Jahren zu einer Ruine. 2006 wurden GRAFT Architects (Berlin) mit der Wiederherstellung des Hotels beauftragt, der 2008 abgeschlossen wurde. Heute, 14 Jahre später und vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges, der auch Georgien betrifft, bekommt die Geschichte des Gebäudes eine neue Relevanz. Seit seinem Umbau symbolisiert das Hotel den unvollendeten Dialog zwischen Staat und Volk, steht als Zeichen der Konfrontation und zugleich Toleranz und gibt Anlass für Spekulationen über aller Art „Machenschaften”. Es steht somit exemplarisch für die Frage: Wie reagieren Architektur und Stadt auf politische Krisen und unter welchen Umständen mutieren sie von aktiven zu passiven Bedeutungsträgern?

Heute Abend um 19.00 Uhr startet nun die interdisziplinäre Ausstellung “Hotel Iveria – die Stadt und der Turm” in der Architekturgalerie Berlin. Für sie hat die Kuratorin Irina Kurtishvili zahlreiche Artefakte im Sinne einer literarisch-architektonischen Zeitreise zusammengetragen. Dazu gehören Stadt- und Baupläne u.a. aus den 1960er Jahren, touristische Landkarten und Postkarten, Bücher und Schallplatten ebenso wie Pläne zum Hotelumbau von GRAFT. Ergänzt wird dieses Konvolut durch Arbeiten u.a. von Ketuta Alexi-Meskhishvili, Tolia Astakhishvili, Sebastian Schobbert, Koka Ramishvili und Guido Zimmermann, welche die kontroverse Geschichte des Hotels künstlerisch interpretieren. Irina Kurtishvili lebt als Künstlerin und Kuratorin seit Mitte der 1990er Jahren in Köln. Sie kuratierte u.a. die Ausstellungen “Dynastien” (Georgiens Nationalmuseum, Tbilissi, 2018), “Location: Georgien” (Willy-Brandt-Haus, Berlin 2007). 2018 war sie Co-Kuratorin der Ausstellungen Hybrid Tbilissi im Deutsches Architekturmuseum Frankfurt (DAM), dessen Direktor Peter Cachola Schmal auch heute Abend bei der Vernissage sprechen wird. 2021 gründete Irina Kurtishvili AA Architecture Ambience als unabhängige Plattform für künstlerische und kuratorische Praxis. Am 6.10 um 18.00 Uhr gibt es eine Gesprächsveranstaltung zur Ausstellung, die bis insgesamt 8.10. geöffnet hat. (db, 1.9.22)

Tbilissi, Hotel Iveria 2004 (Bild: Sebastian Schobbert)

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