Dass der noch immer virulente Abrisswahn weltweit durch seine freigesetzte Graue Energie ein weiterer Baustein auf dem Weg in die Klima-Sackgasse ist, ist auch in der Schweiz längst Thema. Noch immer wird zu schnell und zu viel abgebrochen. Doch solch euphemistisch bezeichnete “Rückbauten” sind nicht nur ökologisch bedenklich, sie verdrängen im Fall von Wohngebäuden auch Menschen aus Ihrem Lebensraum mit den ihnen vertrauten sozialen Strukturen. Gerne werden unter dem Label der Nachverdichtung auch Ersatzneubauten erstellt, die statt zu mehr nur zu größeren, teureren Wohnungen führen. Die Gründe für den Abbruch sind vielfältig, meist werden Totschlagargumente wie Brandschutz, Schadstoffbelastung oder Energiereffizienz angeführt. Viele dieser Gründe stellen dabei eher eine Herausforderung an Phantasie und Wille der Bauherr:innen dar, der sich viele gar nicht erst stellen wollen. Was nicht selten mit fehlendem Wissen und dem Mangel an guten Beispielen zu tun hat. Die bereits 1994 gegründete Fachgruppe für die Erhaltung von Bauwerken (FEB) des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein SIA möchte diese Wissenslücken schließen.

Das Projekt “Aufbruch statt Abbruch” sammelt online Bauten aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die in den vergangenen zehn Jahren instandgesetzt, umgebaut, umgenutzt oder erweitert wurden. Damit möchte man den Beweis antreten, dass auch Bauten der Boomjahre eine Zukunft haben, gleichwohl deren Bauweise häufig fragilerist als bei älteren Gebäuden. Aufbruch statt Abbruch bildet ein möglichst breites Spektrum an Eingriffstiefen ab und unterlegt es mit Kennwerten, um beides zu zeigen: dass Altbauten annähernd auf Neubau-Niveau gebracht werden können, und dass es Bauherrschaften gibt, die nicht so weit gehen und deren Mieterschaft mit den vermeintlichen Mängeln gut leben kann. Jeden Monat wirdauf der Homepage ein beispielhafter sanierter Bau vorgestellt – der aktuelle ist das Projekt “Brückenkopf West” in Bern, bei dem das Büro bauart Architekten ein Bürohaus von 1964 zum Wohngebäude transformiert hat. Es bleibt stark zu hoffen, dass auch deutsche Eigentürmer:innen und Investoren einen sorgfältigen Blick auf diese Beispiele werfen. Und vielleicht auch ein paar Gesetzgebende, denn nicht selten sind es gerade in Deutschland wilde Blüten treibende (neue) Bauvorschriften, die den Erhalt vieler Nachkriegsbauten unwirtschaftlich machen … (db, 15.3.23)

Bern, Brückenkopf West (bauart Architekten; Foto: Ruedi Walti)

Bern, Brückenkopf West (bauart Architekten; Foto: Ruedi Walti)

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