Es gehört zur verdrehten Logik deutscher Geschichte, dass keines der Denkmale des deutsch-amerikanischen Architekten Ludwig Mies van der Rohe heute besichtigt werden kann. Zwei von ihnen wurden nie gebaut, das dritte nach wenigen Jahren wieder zerstört, sodass sie alle uns nur als Bilder überliefert sind und in dieser Form ihre Wirkung entfalten – so die zentrale These einer Ausstellung im Berliner Mies-van-der-Rohe-Haus. Bereits 1910 hatte Mies für die Elisenhöhe bei Bingen ein Bismarck-Denkmal entworfen – als Pfeilerhalle um einen offenen Raum, der nie zur Umsetzung kam. Für die 1919 ermordeten Sozialist:innen Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg hingegen schuf er 1926 auf dem Berlin-Friedrichsfelder Friedhof keinen solchen “Palast”, sondern einen skulpturalen Block. Dieses sogenannte Revolutionsdenkmal, gefügt aus vor vor- und zurückspringenden Backsteinquadern, wurde von den Nationalsozialist:innen 1935 zerstört und in der alten Form später nicht wiederhergestellt.

Der dritte der Mies’schen Denkmalentwürfe interpretierte die Neue Wache von Schinkel in Berlin 1930 nicht als “Block”, sondern als “leeren Raum”, der das Gedenken mit einer schwarzen Granitplatte in den Mittelpunkt rückte. Auch dieser Vorschlag wurde nicht realisiert. Ob “Palast”, “Block” oder “leerer Raum”, mit seinen Konzepten bahnte Mies van der Rohe den Weg zu einer neuen Gedenkkultur – trotz oder gerade wegen der Tatsache, dass sie vor allem als Bilder ihre Wirkung entfalteten. Die Ausstellung “Baubilder und Erinnerungsmuster” ist noch bis zum 26. März 2023 zu sehen im Berliner Mies-van-der-Rohe-Haus (Oberseestraße 60, 13053 Berlin). (kb, 17.2.23)

Berlin-Friedrichsfelde, Einweihung des sog. Revolutionsdenkmals (Bild: Bundesarchiv, Bild 183-U0302-303, CC-BY-SA 3.0)

Berlin-Friedrichsfelde, Einweihung des Revolutionsdenkmals (1926), das bereits enige Jahre später von den Nationalsozialist:innen wieder abgetragen wurde (Bild: Bundesarchiv, Bild 183-U0302-303, CC BY-SA 3.0)

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