Am 2. August 2022, im Alter von 95 Jahren, verstarb der belgische Architekt Lucien Kroll (*1928). Noch im letzten Jahr hatte man ihm gemeinsam mit seiner Frau Simone Kroll (*1928, geborene Pelosse) den Brussels Architecture Prize Lifetime Achievement Award verliehen. Damit wurde das jahrzehntelange Engagement des Paars für ökologisches und partizipatives Bauen geehrt. Nach seinem Studium hatte Kroll in den 1950er Jahren zunächst beim belgischen Architekten und Stadtplaner Charles Vandenhove gearbeitet, bevor er ab 1957 gemeinsam mit seiner Frau ein eigenes Büro betrieb. Zu ihren bekanntesten Projekten zählt die Erweiterung der Medizinischen Hochschule La Mémé in Brüssel in den 1970er Jahren. Mit scheinbar wild wuchernden Wohn- und Gemeinschaftsbauten und Gärten, die kostenminimierend auch am Computer durchgerechnet wurden, sollten die Bedürfnisse der künftigen Bewohner:innen von Anfang an in die Planung einbezogen werden.
Im deutschen Sprachraum ist vor allem das Siedlungsprojekt Hellersdorf in Berlin hervorzuheben. 1994 sollten Lucien Kroll und sein Atelier d’Urbanisme, d’Architecture et d’Informatique, auf Einladung der Wohnungsbaugesellschaft WoGeHe, die groß dimensionierten Plattenbausiedlungen umwandeln. Die seinerzeit durch zahlreiche Kunstprojekte begleitete Sanierung von Hellersdorf blieb letztlich unvollendet. Doch dabei entwickelte das Atelier Kroll einen architektonisch-ökologischen Werkzeugkasten, mit dem die WoGeHe auf sämtliche zukünftige Veränderungen der folgenden 25 Jahre in der Großsiedlung behutsam und intelligent reagieren können sollte. Er schlug vor, die Siedlung in Berlin-Hellersdorf in Phasen von 1994 bis 2019 abzustufen, die Wohnungen flexibel umzugestalten und die Innenhöfe als kommunikative Orte zu etablieren. (kb, 25.8.22)