Vorbei die Zeiten, als innerlich wie äußerlich ergraute Fachpersonen in schwerentflammbaren Pullundern über Archivkisten brüteten, was denn der Nachwelt zu erhalten sei. Im kanadischen Montréal hat sich das Canadian Centre for Architecture (CCA) 2023 ein Gegenmodell ausgedacht: Die “Out of the Box” Ausstellungsserie. Hier öffnen die Kurator:innenteams lustvoll frisch eingetroffenen Nachlasskartons und -schachteln und zeigen ihre Entdeckungen in stilvollem Ambiente. In diesem Sinne hat sich das Studio Muoto den Nachlass des argentinischen Architekten Amancio Williams (1913–1989) vorgenommen, der mit seinen Entwürfen Südamerika entscheidend prägte. Ein umfangreicher Bestand von Zeichnungen, Fotografien, Briefe und Modelle wurden dem CCA 2020 von der Familie Williams übergeben.
Gilles Delalex and Yves Moreau vom Studio Muoto haben sich vor allem den infrastrukturellen Entwürfen von Williams gewidmet. Dabei nahmen sie vor allem die unverwirklichten Projekte in den Blick: von einem 1945 geplanten Flughafen an der Küste von Buenos Aires bis zur 1980 entworfenen Kirche Cruz en el Río de la Plata. Hier fanden sie auch den Ausstellungstitel, denn diese beiden architektonischen Visionen setzen sich mit dem Horizont auseinander. Wo Williams sie in seinen Zeichnungen als Gebäude visualisierte, setzte er sich in seinen Texten mehr mit der infrastrukturellen Seite auseinander. Williams, so die Kuratoren, glaubte fest daran, dass die technischen Fortschritte der Moderne den Menschen auf einen neuen Level heben können. Die Ausstellung “On the Horizon. Amancio Williams selected by Studio Muoto” ist in Montréal im CCA (1920, rue Baile, Montréal (Québec) H3H 2S6) noch bis zum 7. September 2023 zu sehen. (kb, 3.8.23)